(erster) zwischenruf: wider dem sz-filmchen-hype

haben sie ihn auch mitbekommen – den hype um knapp 2 stunden filmische “zusammenfassung” der ersten monate im #nsu prozess durch die “SZ”?

als medieninitiative die tatsächlich an jedem einzelnen der 71 tage quasi durchgehend vor ort im prozess war (lediglich 40 minuten haben wir pers. verpasst, in denen ging es def. nur um akute unpässlichkeiten von zschäpe bzw. ihrer verteidiger) erlauben wir uns das urteil, dass dieser film – was die wirklichen prozessabläufe betrifft – an desinformation kaum zu unterbieten ist!

klar: für jmd. der nie eine sekunde live erleben kann (an mangelnden freien plätzen in münchen liegt das aber garantiert nicht! bis auf 3,4 tage kam jeder der ne stunde vor beginn da war sicher rein, oft gar jederzeit durchgehend!) ist es auf den ersten blick irgendwie interessant, theoretisch reizvoll. ebenso gibt es tatsächlich einige wenige szenen die grausige weltbilder und oder irrsinn in manchen zeugenköpfen erahnen lassen. aber dass nazis krank und oder pervers sind weiß man doch wohl schon ohnedies.

das wesentliche, etwa dass die staatsanwaltschaft wirkliche aufklärung durch – fadenscheinig begründet – vorenthalten relevanter akten behindert; zahllosen neonazis aus dem direkten umfeld des trios quasi die absolution erteilt wurde; die undurchsichtige rolle der diversen v-leute; dass der richter insb. die kritischeren unter den nebenklage-anwälten regelmäßig, oft mit beleidigendem geschreie und pöbeln auszubremsen versucht; der verfasungsschutz unverholen zeugen aus dem fall temme mittels dubiosen rechtsbeistand am reden hindert; dass es im fall kiesewetter bis heute – tatsächlich gar von beamten vor gericht – unterschiedlichste aussagen zum fundort der dienstwaffe der polizistin (nicht die ceska!) gibt; der mitangeklagte holger g. im zeugenschutzprogramm noch vor den augen der polizei “zeugen” treffen und vielleicht instruieren durfte und – gefühlt – hunderte absonder- und ungeheuerlichkeiten mehr? dazu im sz-film quasi keine silbe.

nahezu einzig, dass die unverschämtheiten des münchner kriminalers wilfling, der sich nicht entblödete noch im prozess herumzumotzen, man dürfe nicht so tun als ob es in d. keine türkenmafia gebe, in diesem nicht mal formal auch die letzten dezemberprozesstage streifenden machwerk angedeutet werden, würden wir als pluspunkt werten. im vergleich zu zahllosen banalen fehlern, fast schon feisten sinnentstellungen und vor allem gezielten weglassungen ganzer zentraler “handlungsstränge” bleibt für uns unterm strich nur #facepalm

dass die SOG. protokolle die in wahrheit nichts anderes sind, als die subjektiven, selektiven handschriften zweier sz-autoren (von denen einer insb. rund um den fall temme unseres erachtens schon gezielte volksverdummung betrieb) – denn selbst professionelles mitschreiben zB durch bundestagserfahrene stenotypisten hat der richter offiziell (!) verboten, so gibt es nur unterschiedliche private notizen der “prof.” und privaten zuhörer – in den augen mancher unbedarfter surfer “künstlerisch” mehr oder minder ordentlich umgesetzt wurden, ist ja die kruz. doch: was ist die leistung für dritte die selbstzensierten eindrücke umzusetzen? die quelle für ein solches projekt muss ein objektiver fundus sein! nicht dass wir uns falsch verstehen: die idee diesen komplexen, unwirklichen prozess multimedial aufzubereiten ist klasse und wichtig! wir hätten auch kein problem damit, wenn man versucht etwas in zwei stunden zu raffen, oder mit ansage (!) rangeht und sagt wir spiegeln hier nur die derbsten neonazikommentare die bisher vor gericht fielen oder nur die aussagen der angeklagten oder wenn ein medium das einen solchen film machen will “irgendeinen” anderen focus setzt….

NUR wer weiss was die sz in personalunion mit ndr panorama allein vor geraumer zeit rund um den “fall temme” an wie auch immer motivierter peinlicher reinwaschung und faktenverdrehung bis zum heutigen tag (chatten) und unterdrückung von allem was im prozess dazu an weiteren absonderlichkeiten aufkam (temmes v-mann gärtner war schon vor vielen jahren auch MAD-spitzel) kann nachvollziehen, dass wir mit der in der tat deftigen kritik an der sz in sachen nsu generell nicht übertreiben!

vielleicht fällt manchem allein auf, dass die websonderseite der sz u.a. dies hier speziell hervorhebt: “‘Nein, es ist nicht langweilig. Es ist spannend. Jeden Tag’: Annette Ramelsberger über den Prozess” – aber gleichzeitig sowohl im film als auch online nur einen bruchteil der prozesstage überhaupt erwähnt. namentlich auf der o.g. webseite 18 von 71! den 20.12., der nicht mal erwähnt, dass eine alte dame via videoschalte versucht wurde zu vernehmen nicht mitgezählt, sondern verkündet “Das Gericht schickt alle Prozessbeteiligten in die Weihnachtsferien. Es geht am 8. Januar 2014 weiter.” wollten wir zu gunsten dieser gazette unsererseits lieber nicht noch ernst nehmen müssen. in ihrem nsu-themenheft des sz-magazins sind es zwar immerhin 39 von eben weiterhin insgesamt 71 tagen die gestreift werden, aber der objektivität oder wenigstens repräsentativität näher kommen außenstehende damit leider nicht. fast tragikomisch ist etwa tag 27. im film muss jeder den eindruck gewinnen als ob götzl dem hitler-bild-als-andenken-an-einen-nachbarn-auf-seinen-fernseher-steller-zeugen u.a. auch fragen zum besitz eines jutesacks mit hakenkreuz gestellt hat – was aber natürlich nicht der “vorsitzende” tat sondern wie so vieles was einen anflug von relevanz hat (und dabei reden wir insb. von der staatlichen mitverantwortung in dem gesamten nsu-komplex, vom v-mann-sytem, von blood&honour etc. pp.) von der nebenklage kam.

für alle, die gerne videos schauen und sich für den nsu prozess interessieren und sich überlegen ob es sich lohnt dort mal vorbeizuschauen, empfehlen wir als kleinen einstieg diesen clip hier, in dem einer der besonders engagierten und gleichzeitig auch profunden nebenklagevertreter ein wenig tacheleses redet: https://www.youtube.com/watch?v=9olr0UoA-eQ&feature=player_embedded