polizei ist sich mal wieder sicher: “Motiv Ausländerhass nicht gegeben”

in ihrem tagesaktuellen beitrag unter der überschriftet “Germering: Flüchtlingsheim angezündet“ berichtet die münchner abendzeitung u.a. ”Die Polizei schließt einen ausländerfeindlichen Hintergrund bislang aus – weil das Feuer im Verwaltungstrakt der Einrichtung gelegt wurde.”

konkret schreibt die ‘az”, die den brandherd – anders als die süddeutsche die davon spricht, dass ”das Feuer an der Holzfassade des mittleren Gebäudeteils, in dem die Verwaltung untergebracht ist, aber auch einige Wohnräume” – am “nördlichen Gebäudeteil” ausgemacht haben will, ”Ein Übergreifen der Flammen auf die Wohntrakte der Flüchtlinge sei unwahrscheinlich gewesen, das Motiv Ausländerhass daher nicht gegeben. ‘Es gibt dafür keinerlei Hinweise’, so ein Sprecher.” und tut damit so, als ob wohnbereiche überhaupt nicht in tatortnähe waren.

uns erschreckt es so oder so, dass polizisten zum sich aktuell darstellenden ermittlungsstand rassismus und versuchten mord quasi öffentlich ausschließen. und so dann wahrscheinlich auch diesen fall alsbald zu den akten legen. sollte sich herausstellen, dass am ende irgendwer tatsächlich ausschließlich nur ein verwaltungsbüro abfackeln wollte, waren hier wohl trotzdem zahlreiche menschenleben in akuter gefahr. nicht auszudenken wenn das feuer nicht frühzeitig entdeckt worden wäre.

in diesem land, wo die hetze gegen flüchtlinge, gegen asylbewerber, gegen arbeitsmigranten, gegen bestimmte religionszugehörigkeiten, gegen sozialschwache und zahllose andere “minderheiten” seit jahrzehnten zentraler und unverholener bestandteil der bundespolitik ist, gerade wieder ”dank” der unerträglichen hetze seehofers gegen “rumänen und bulgaren” speziell in bayern “befeuert” wird, und die staatliche (mit-)verantwortung an den sog. nsu-morde bis heute von den meisten massenmedien bis hin gar zur sog. links-partei (hallo petra pau!) heruntergespielt oder gar rotzfrech geleugnet wird, sind wir der festen überzeugung, dass – bewusst oder unbewusst – zahllose verbrechen unter den teppich gekehrt werden.

nsu-prozess: vorschau der geladenen zeugen 14.-16. januar 2014

aus den offiziellen presseunterrichtungen des OLG münchen zum NSU-prozess,und allein deswegen ohne gewähr - sitzungsbeginn ist i.d.r. um 9.30 uhr.

“Folgende Zeugen und Sachverständige sind zu den nachfolgenden Terminen geladen (Stand 08.01.2014):

Dienstag, 14.01.2014

09.30 Uhr KOK Voutta, PD Südwestsachsen (Brand Frühlingstraße, Zwickau –                             Sicherstellung Kleidung der Angeklagten Zschäpe)

11.00 Uhr Sandy N.  (Umfeld Angeklagte; Nutzung SIM-Card)

13.00 Uhr Sachverständiger Dr. Erwin Koops (Obduktion Tasköprü)

13.15 Uhr Ahmed. A. (Fall Yozgat)

Mittwoch, 15.01.2014

09.30 Uhr Sachverständiger Dr. Setzensack, Bayerisches LKA (Brand Frühlingstraße, Zwickau)

09.30 Uhr Sachverständiger Thomas Redmer, LKA Sachsen (Brand Frühlingstraße, Zwickau – Gefährdungssituation)

Donnerstag, 16.01.2014

09.30 Uhr POMin Kind, PD Heilbronn

09.30 Uhr PHK Thomas, PD Heilbronn

09.30 Uhr KHK Zeiner, PD Heilbronn

10.00 Uhr KK Rieder, PD Heilbronn

10.30 Uhr KHK Benzschawel, PD Heilbronn

11.15 Uhr KHK Fink, PD Heilbronn

(alle Zeugen: Ermittlungen zum Tatkomplex Kiesewetter)

13.00 Uhr Martin A.  (Tatkomplex Kiesewetter, Geschädigter)

Die Zeugenvernehmungen finden im Sitzungssaal A 101 (Schwurgerichtssaal),  Nymphenburger Straße 16, im Strafjustizzentrum München statt.”

(erster) zwischenruf: wider dem sz-filmchen-hype

haben sie ihn auch mitbekommen – den hype um knapp 2 stunden filmische “zusammenfassung” der ersten monate im #nsu prozess durch die “SZ”?

als medieninitiative die tatsächlich an jedem einzelnen der 71 tage quasi durchgehend vor ort im prozess war (lediglich 40 minuten haben wir pers. verpasst, in denen ging es def. nur um akute unpässlichkeiten von zschäpe bzw. ihrer verteidiger) erlauben wir uns das urteil, dass dieser film – was die wirklichen prozessabläufe betrifft – an desinformation kaum zu unterbieten ist!

klar: für jmd. der nie eine sekunde live erleben kann (an mangelnden freien plätzen in münchen liegt das aber garantiert nicht! bis auf 3,4 tage kam jeder der ne stunde vor beginn da war sicher rein, oft gar jederzeit durchgehend!) ist es auf den ersten blick irgendwie interessant, theoretisch reizvoll. ebenso gibt es tatsächlich einige wenige szenen die grausige weltbilder und oder irrsinn in manchen zeugenköpfen erahnen lassen. aber dass nazis krank und oder pervers sind weiß man doch wohl schon ohnedies.

das wesentliche, etwa dass die staatsanwaltschaft wirkliche aufklärung durch – fadenscheinig begründet – vorenthalten relevanter akten behindert; zahllosen neonazis aus dem direkten umfeld des trios quasi die absolution erteilt wurde; die undurchsichtige rolle der diversen v-leute; dass der richter insb. die kritischeren unter den nebenklage-anwälten regelmäßig, oft mit beleidigendem geschreie und pöbeln auszubremsen versucht; der verfasungsschutz unverholen zeugen aus dem fall temme mittels dubiosen rechtsbeistand am reden hindert; dass es im fall kiesewetter bis heute – tatsächlich gar von beamten vor gericht – unterschiedlichste aussagen zum fundort der dienstwaffe der polizistin (nicht die ceska!) gibt; der mitangeklagte holger g. im zeugenschutzprogramm noch vor den augen der polizei “zeugen” treffen und vielleicht instruieren durfte und – gefühlt – hunderte absonder- und ungeheuerlichkeiten mehr? dazu im sz-film quasi keine silbe.

nahezu einzig, dass die unverschämtheiten des münchner kriminalers wilfling, der sich nicht entblödete noch im prozess herumzumotzen, man dürfe nicht so tun als ob es in d. keine türkenmafia gebe, in diesem nicht mal formal auch die letzten dezemberprozesstage streifenden machwerk angedeutet werden, würden wir als pluspunkt werten. im vergleich zu zahllosen banalen fehlern, fast schon feisten sinnentstellungen und vor allem gezielten weglassungen ganzer zentraler “handlungsstränge” bleibt für uns unterm strich nur #facepalm

dass die SOG. protokolle die in wahrheit nichts anderes sind, als die subjektiven, selektiven handschriften zweier sz-autoren (von denen einer insb. rund um den fall temme unseres erachtens schon gezielte volksverdummung betrieb) – denn selbst professionelles mitschreiben zB durch bundestagserfahrene stenotypisten hat der richter offiziell (!) verboten, so gibt es nur unterschiedliche private notizen der “prof.” und privaten zuhörer – in den augen mancher unbedarfter surfer “künstlerisch” mehr oder minder ordentlich umgesetzt wurden, ist ja die kruz. doch: was ist die leistung für dritte die selbstzensierten eindrücke umzusetzen? die quelle für ein solches projekt muss ein objektiver fundus sein! nicht dass wir uns falsch verstehen: die idee diesen komplexen, unwirklichen prozess multimedial aufzubereiten ist klasse und wichtig! wir hätten auch kein problem damit, wenn man versucht etwas in zwei stunden zu raffen, oder mit ansage (!) rangeht und sagt wir spiegeln hier nur die derbsten neonazikommentare die bisher vor gericht fielen oder nur die aussagen der angeklagten oder wenn ein medium das einen solchen film machen will “irgendeinen” anderen focus setzt….

NUR wer weiss was die sz in personalunion mit ndr panorama allein vor geraumer zeit rund um den “fall temme” an wie auch immer motivierter peinlicher reinwaschung und faktenverdrehung bis zum heutigen tag (chatten) und unterdrückung von allem was im prozess dazu an weiteren absonderlichkeiten aufkam (temmes v-mann gärtner war schon vor vielen jahren auch MAD-spitzel) kann nachvollziehen, dass wir mit der in der tat deftigen kritik an der sz in sachen nsu generell nicht übertreiben!

vielleicht fällt manchem allein auf, dass die websonderseite der sz u.a. dies hier speziell hervorhebt: “‘Nein, es ist nicht langweilig. Es ist spannend. Jeden Tag’: Annette Ramelsberger über den Prozess” – aber gleichzeitig sowohl im film als auch online nur einen bruchteil der prozesstage überhaupt erwähnt. namentlich auf der o.g. webseite 18 von 71! den 20.12., der nicht mal erwähnt, dass eine alte dame via videoschalte versucht wurde zu vernehmen nicht mitgezählt, sondern verkündet “Das Gericht schickt alle Prozessbeteiligten in die Weihnachtsferien. Es geht am 8. Januar 2014 weiter.” wollten wir zu gunsten dieser gazette unsererseits lieber nicht noch ernst nehmen müssen. in ihrem nsu-themenheft des sz-magazins sind es zwar immerhin 39 von eben weiterhin insgesamt 71 tagen die gestreift werden, aber der objektivität oder wenigstens repräsentativität näher kommen außenstehende damit leider nicht. fast tragikomisch ist etwa tag 27. im film muss jeder den eindruck gewinnen als ob götzl dem hitler-bild-als-andenken-an-einen-nachbarn-auf-seinen-fernseher-steller-zeugen u.a. auch fragen zum besitz eines jutesacks mit hakenkreuz gestellt hat – was aber natürlich nicht der “vorsitzende” tat sondern wie so vieles was einen anflug von relevanz hat (und dabei reden wir insb. von der staatlichen mitverantwortung in dem gesamten nsu-komplex, vom v-mann-sytem, von blood&honour etc. pp.) von der nebenklage kam.

für alle, die gerne videos schauen und sich für den nsu prozess interessieren und sich überlegen ob es sich lohnt dort mal vorbeizuschauen, empfehlen wir als kleinen einstieg diesen clip hier, in dem einer der besonders engagierten und gleichzeitig auch profunden nebenklagevertreter ein wenig tacheleses redet: https://www.youtube.com/watch?v=9olr0UoA-eQ&feature=player_embedded

Eine kleine Wintergeschichte: Die Spinne und das Eichhörnchen

für alle, die sich fragen, warum wir eigentlich dereinst eine spinne als maskottchen gewählt haben: die kleine zoba war in unserem printmagazin der mal kämpferische, mal schüchterne star unserer kindergeschichten. anlässlich einer von unser...er redaktion organiserten kundgebung im jahr 2011 u.a. gegen eine hetzkampagne von teilen der bamberger csu gegen asylbewerber haben wir das possierliche^^ tierchen dann durch unsere famose grafikerin von Funzine.Media mal spaß halber bekanntschaft mit einer piratenfahne machen lassen. und so kam eines zum anderen. nachfolgend sehen sie übrigens auch, dass wir - wenn wir denn wollen^^ - durchaus auch Groß- und KLEINschreibung beherrschen. wir wollen kinder, denen sie diese geschichte nicht nur vorlesen sondern gerne weiterreichen mögen, ja nicht "versauen". nicht dass sie in der schule wegen uns ärger kriegen. dabei wäre es soooo schön, wenn - wie es wohl neben vielen anderen schon jacob grimm, elfriede jelinek und "das bauhaus" gern gesehen hätten - sich auch hierzulande die u.e. konzentrationsfördernde und eben einfachere durchgehende kleinschreibung nicht nur im internet und sms-verkehr durchsetzen würde...

Die Spinne und das Eichhörnchen

wintergeschichteDraußen ist es kalt und dämmrig. Die kleine Spinne schaukelt aber aus einem anderen Grund traurig in ihrem Netz umher. Es heißt Abschied nehmen. Abschied von ihrem Freund dem Brummer, weil er nicht bei ihr überwintern kann. Schuldbewusst erzählt ihr Otti von seinem Plan, wie er sich in einen Wohnwagen schmuggeln und mit Leuten Richtung Süden fahren will. Er lädt Zoba ein mitzukommen, die Menschen würden sie sicher nicht entdecken. Doch die Spinne will von einer Reise nichts wissen. „Dann lass mich wenigstens einen besseren Platz für dich suchen“, sagt der Brummer mit besorgtem Unterton. „Etwas tiefer im Wald ist der Wind nicht mehr ganz so kalt. Und im Frühling bin ich ja auch schon wieder da und flieg dich zur Wiese zurück.“

Auch wenn sie wegen der nahenden Trennung losheulen möchte, reibt Zoba ihre zittrigen dünnen Beinchen aneinander und klettert auf Ottis Rücken. „Hier ist es“, verkündet der Brummer nach kurzem Flug. Unsanft landet er auf einer alten Baumrinde, in deren Nähe sich ein großes Loch befindet. „Wenn es zu kalt wird, kannst du dort hineinkriechen.“ Die Spinne ist noch immer böse, redet kaum ein Wort. „Dann mach’s gut!“ Der Brummer umarmt sie und fliegt tatsächlich davon. Entsprechend traurig macht sich Zoba an die Arbeit. Da es schon ziemlich dunkel geworden ist, spannt sie nur notdürftig einige Fäden kreuz und quer am Rande des Lochs, am nächsten Morgen will sie vernünftig weben. Als sie sich bettfertig macht, spürt sie, wie aus dem Hohlraum warme Luft emporsteigt. Die Spinne muss nicht mehr zittern, denkt voller Dankbarkeit an den Brummer, wischt sich die letzten Tränchen weg und schlummert ein.

Ein paar Stunden vergehen, da wird Zoba von einem kräftigen Ruck aus dem Schlaf gerissen. Sie weiß nur, dass etwas Großes  an ihr vorbeigehuscht ist. Die Spinne hängt sich sogleich an das Überbleibsel eines Fadens und kann doch weit und breit keinen Übeltäter sehen. „Vielleicht war es ein Vogel“, denkt sie, beruhigt sich und fängt an, ihr Netz zu flicken und auch auszubauen. Nach und nach wird der Eingang des Lochs so bedeckt. „Was machst du da?“, hört sie plötzlich eine Stimme hinter sich. Zoba dreht sich um, schaut direkt auf ein großes spitzes Näschen. Das Tier mit dem rötlichen Fell, dem bauschigen Schwanz und schwarzen Kugelaugen mustert die Spinne neugierig. „Ich wohne hier, du willst mir doch nicht etwa den Eingang verbauen? Außerdem hält dein Netz mich nicht fest, es wird kaputtgehen, wenn ich reingehe.“ Die Spinne ist vor Angst wie versteinert, sie kennt zwar viele Vögel, Insekten, Schmetterlinge, aber so etwas Pelziges und Hippeliges hat sie bisher in ihrem kurzen Leben noch nie gesehen.

„Ach ja, ich bin Kolja. Kolja, das Eichhörnchen. Und wer bist du?“ „Ich heiße Zoba“, sagt die Spinne kaum hörbar. „Es tut mir leid, ich wusste nicht, dass dieses Loch bewohnt ist – ich suche nur Schutz vor der Kälte.“ „Weißt du was, du kannst schon wohnen bleiben, es soll mir recht sein. Es ist ja auch gut, wenn du ein paar Insekten fängst, bevor sie sich an meine Vorräte heranmachen“, antwortet Kolja. „Auch angenehme Gesellschaft kann ich im Winter gut gebrauchen. Aber mach bitte dein Netz nicht direkt beim Eingang, zumindest nicht tagsüber, damit ich es nicht wieder aus Versehen zerstöre.“

Zoba murmelt noch mal eine Entschuldigung und bewegt sich zum Rande des Eingangs, damit Kolja seine zwei Haselnüsse, die er in den Pfoten hält, in die kleine Höhle tragen kann. Sie hat keine Angst mehr vor ihm und fühlt sich auch schon gar nicht mehr so einsam wie nach dem Abschied vom Brummer. Der Winter kann kommen.

wider dem konsumwahn und dem produzieren in überfluss

weihnachtenvor drei jahren hatten wir in unserem printmagazin ein themenspezial, das – wie wir finden – noch immer sehr gut in die “vorweihnachtszeit” passt. es geht u.a. um ungebändigtes kaufverhalten und ein-euro-shops als symptom des überflusses:

- wenn der kauf zum zwang wird:
kaufsucht ist eine psychische störung. sie äußert sich, indem die betroffenen zwanghaft immer wieder waren und dienstleistungen kaufen, die sie eigentlich nicht wirklich benötigen. bereits 1909 hat der deutsche psychiater
emil kraepelin in seinem lehrbuch die symptome der, wie er es nannte, „krankhaften kauflust“ respektive der „oniomanie“ beschrieben. etwa sechs bis acht prozent der bevölkerung sollen heutzutage in deutschland kaufsüchtig sein. das an der us-amerikanischen university of north dakota entwickelte und in erlangen erstmals für deutschland getestete ambulante gruppen-therapiemodell soll es patienten ermöglichen, ihr exzessives kaufverhalten in den griff zu bekommen.

- nachfrage um jeden preis: studien haben gezeigt, dass unser gehirn auf rabatte ähnlich reagiert wie auf pornos. das ZOB hat sich vor geraumer zeit in bambergs billigszene geworfen.

weiterlesen unter: http://das-zob.de/wp-content/uploads/2013/12/zob_weihnachten.pdf

die wunderbare illustration mit dem einkaufswagen stammt von der famosen agentur Funzine.Media – grafik und design

 

 

 

 

von fehlenden grubenlampen, der masche der SZ und einem vorbetraften zeugenbeistand

drei zeugen sollen in diesem jahr noch gehört werden: eine ehemalige nachbarin von zschäpe via videoschalte, der vater von mundlos und andre kapke (links im bild, mit seinem anwalt waldschmidt, dem vize-chef der hessischen NPD. – copyright: das ZOB

diese woche ging es beim nsu-prozess in münchen u.a. um einen wasserschaden, den das “trio” in seiner vorletzten bekannten wohnung (polenzstrasse) erlitten habe, weil irgendjemand über ihnen – wohl bewusst, evtl. sogar zielgerichtet gegen zschäpe - einen hahn, der keinen regulären abfluss mehr in seiner nähe hatte und somit zwingend für trouble sorgen musste, aufgedreht bzw. offen gelassen hatte. dieser jemand war mutmaßlich ein inzwischen fast 23-jähriger, der sowohl aus damaliger als auch aus heutiger sicht im extrem rechten spektrum zu verorten ist. nicht zuletzt weil er jüngst NPD-propaganda und einschlägige musik verbreitete und  vor monaten in einer ARD-doku (ab minute 38 und 45 sekunden ff.) u.a. (!) verkündete, dass ihm ausländer, wenn die sich in deutschland nicht sprichwörtlich zu tode schuften, nur hassgefühle entlocken. warum aber nun ein vielleicht nur dumper glatzkopf und (s)ein wasserschaden im kontext NSU? also im zusammenhang von zehn morden und gemeingefährlichen bombenattentaten eine rolle spielt fragen sie sich?

zum einen: weil zschäpe im zuge der ermittlungen zu der wassergeschichte dereinst höchstpersönlich als zeugin bei der polizei aufgelaufen sein soll. in der zeit lebte sie sogenannt “unentdeckt” im “untergrund” und so erschien sie wohl mit einem fremden, namentlich auf ihre dubiose freundin susann eminger* ausgestellten ausweis, den der ermittelnde beamte wiederum nur oberflächlich kontrolliert haben will. und das obgleich er aufgrund des klingelschildes und aufgrund von aussagen der nachbarn ursprünglich eigentlich eine lisa/liese dienelt und eben keine eminger zur aussage erwartet haben sollte. aber wo er schon mal einen offenkundig extrem oberflächlichen tag hatte, störte es herrn “KHM Rautenberg, PD Südwestsachsen” anscheinend auch nicht, dass die unterschrift, die zschäpe bei besagten amtsbesuch unter ihr zeugenprotokoll setzte, mit der im pass der freundin wohl nicht annähernd ähnlichkeit hatte.

zum anderen: die geschichte wird erst richtig spannend, weil zschäpe sich bei ihrem amtsbesuch offenkundig in begleitung des realen manns ihrer freundin, also an der seite von andre eminger befand. der konnte dann zwar sein reales passdokument vorgelegt haben, jedoch war der ‘nationalsozialistisch denkende skinhead aus der arbeiterklasse’ (selbstbeschreibung aus den späten 1990er jahren) just in jenen tagen, als in der zwickauer polenzstrasse das wasser durchs halbe haus gelaufen sei und der polizeistellenbesuch vonstatten ging, (erneut!) im visier von geheimdiensten! im januar diesen jahres war das sogar dem spiegel eine größere geschichte wert. wobei wir schon damals kritikwürdig fanden, dass ”Im Schein der Grubenlampe” letztlich daraus nur zwei (“Schlampten die Geheimdienstler also? Oder war André E. an jenem Tag tatsächlich nicht im Versteck der Terrorzelle?”) von mindestens drei naheliegenden gedankengängen ableitete und somit nicht in erwägung zog, dass bestimmte ereignisse bewusst zumindest aus den bekannten akten herausgehalten wurden. und heute? obgleich eben der wasserschaden nunmehr ausführlich thema im prozess war, greift es unserer beobachtung nach kein deutsches mainstreammedium auch nur am rande auf, dass zumindest einzelne beamte damals mitbekommen haben sollten, wo das “trio” ende 2006 abgeblieben war.

staatlich verordnete sprechbremse für ehemaligen v-mann des dubiosen temme

in besagtem spiegel-text war auch vom militärischen abschirmdienst (MAD) die rede, der die letzten tage auch noch bei einem anderen “zeugen” eine rolle spielte: es ging um einen von andreas temme (der verfassungsschutzmitarbeiter, der an einem der tatorte zur tatzeit war und trotzdem nichts mitbekommen haben will) geführten v-mann. dem einmal mehr hochnotpeinlichen widerstand des vorsitzenden richters zum trotz gelang es einem nebenklageanwalt bei gebäudereiniger benjamin gärtner herauszuarbeiten, dass dieser nicht nur zeitweise dem hessischen verfassungsschutz unterstellt, sondern bereits 2001 von einschlägigen behörden der bundeswehr zum spitzeln aufgefordert war. jener mann, den die süddeutsche zeitung ganz im duktus des herrn temme systematisch als “eher kleines Licht” darzustellen versucht, obgleich ihn dieser selber allein in puncto glaubwürdigkeit und zuverlässigkeit als genauso wichtig einstufte wie es andere behörden mit topinformant tino brandt taten**.

dass gärtner in münchen trotzdem kaum erhellendes zur rolle seines einstigen vorgesetzten rund um den tatort kassel (mordfall yozgat) beitrug, lag denn auch an einer ganz besonderen perversion, die beispielsweise allen voran wieder einmal die SZ (die die MAD geschichte gleich mal ganz unter den tisch fallen ließ) kaum erwähnenswert findet: der verfassungsschutz hat ihm - obwohl gärtner seit 2007 nicht mehr für selbigen tätig sei – den mainzer rechtsanwalt volker hoffmann an die seite gestellt. fast könnte man sagen: nicht nur bezahlt, sondern quasi aufgenötigt. vor ort hatten jedenfalls zahllose kritische beobachter den eindruck, dass jener als zeugenbeistand fungierende, dereinst auch den ex-präsidenten des bundesamts für verfassungsschutz (!) und ex-staatssekretär im verteidigungsministerium holger pfahls rund um das thema waffenschieber schreiber verteidigende und letztlich wegen dubioser machenschaften selber vorbestrafte hoffmann nicht primär um das wohl und wehe des vermeintlich ehemaligen v-manns besorgt war, sondern rein staatlichen interessen diene. man darf gespannt sein, ob und wann g. weiter vor dem OLG aussagen wird und in wessen begleitung. dieser tage hat die bundesanwaltschaft im nsu-prozess hier erst einmal die reißleine gezogen: mit dem totschlagargument “aussagegenehmigungen”, mit dem sich die judikative hierzulande von zahllosen geheimdienstmenschen und sonstigen behördenvertretern regelmäßig auf der nase herumtanzen lässt. wir bleiben jedenfalls dran am ehemaligen postboten temme, der von NDR panorama und eben der in sachen NSU nur mehr aberwitzig zu nennenden SZ quasi schon vor längerem die absolution erhielt.

das SZ-gespann leyendecker und schultz verwässert abermals

immer mit dabei “journalistenurgestein” hans leyendecker. zu temme entblödete er sich dereinst in einem ARD-frühschoppen (aka presseclub) nicht einmal, das ganze thema als ausermittelt darzustellen, obgleich ihm – erst recht mit all dem aktenwissen, dass gerade die süddeutsche frühzeitigst hatte – all die ungereimtheiten um diese person und sein rechtes umfeld hinlänglich bekannt sein mussten. und diese woche legte er mit seiner “bewährten” verwässerungsmethode, heikle recherchen anderer redaktionen subtil zu verunglimpfen, in sachen blindwütigem staatsgehorssam nochmal nach. sein co-autor: abermals tanjev schultz, der eben letzte woche als nsu-prozessbesucher die MAD geschichte des von temme geführten v-manns unter den tisch kehren durfte.

nun ging es aus aktuellem anlass über eine geschichte von report mainz. den tv-kollegen scheint es doch tatsächlich gelungen einen zeugen zu einer eidesstaatlichen aussage zu bewegen, dass im jahre 2003 – inmitten der mordserie – der damalige ständige vertreter des präsidenten im landeskriminalamt, ein gewisser werner jakstat, höchst persönlich plausible spuren zur verfolgung des “trios” nicht verfolgen lassen wollte. weil aber in sachen nsu und staatliches mitwissen, aktives wegschauen und oder gar direktes fördern von mundlos, böhnhardt, zschäpe und ihrem umfeld nicht sein kann, was nicht sein darf, hat die SZ mal wieder gnadenlos quergeschossen: dass report mainz bereits erklärt hat, dass sich die fragliche zeugenaussage eben nicht mal um ein dreiviertel jahr zurückliegende ereignisse rankte, geschweige denn um zwei oder drei jahre zurückliegendes, ist dabei noch der kleinste schönheitsfehler. überschrift und teaser lesen sich dabei zunächst gar noch kritisch. aber erst dadurch wirkt der dreck, der danach ausgeschüttet wird, bei der masse oberflächlicher leser, die leider wohl niemals den prozess selber besuchen werden, wohl umso nachhaltiger. was in den köpfen der bevölkerung am ende wieder hängen bleiben darf: vieles mutet seltsam an, aber im grunde ist alles eben nur ganz dumm gelaufen, alles zufall, schlimmstenfalls dummheit oder eitelkeit auf behördenseite. wer etwas anderes behauptet ist ein verschwörungstheoretiker. und wenn das nicht reicht, kommt bestimmt demnächst noch unverholener die drohung, mit neonazis in einen topf geworfen zu werden, weil die ja punktuell auch behaupten – und es tatsächlich zur entlastung der von verbot “bedrohten” verf*** wie gemeingefährlichen NPD auch gut gebrauchen können – dass der staat bei den nsu-morden ganz ungehörig mitmischte.

ein paar mal werden wir noch wach: heißa schon wieder kapke-tag

apropos neonazis und npd. ein mann, der unseres erachtens neben manch anderen – unter anderem temme – zwingend auf die anklagebank in münchen gehört, ist andré kapke. am 20.12. soll er erneut als zeuge auflaufen. mutmaßlich wird er dann auch wieder von anwalt waldschmidt begleitet, dem vize-chef der hessischen NPD, der unlängst daneben saß, als der “selbstständige bauarbeiter” im kontext von ausländern als unkraut sprach. das übel (die wurzel) sei aber der staat, der zuzug ermögliche. ihn, nicht direkt die den neonazis unwillkommenen menschen, gelte es deshalb zu bekämpfen. ob bei kapkes weiterer einvernahme zu erwartende kritische fragen der nebenklage – etwa zu den themenbereichen blood&honour und marcel “riese” degner – von dem hierzu schweigenden (!), in puncto launen ansonsten unberechenbaren und in sachen deckeldrauf- und akten vorenthalten dafür zuverlässig auf staatsanwaltschaftslinie scheinenden vorsitzenden richter götzl abermals ausgebremst werden? ob die SZ, wenn es zu direkten oder indirekten staatlichen verantwortlichkeiten kommt, vielleicht sogar vergisst, dass kapke eine schlüsselfigur der “kameradschaft jena” und des “thüringer heimatschutzes” war? wir halten sie auf dem laufenden.

PS: BITTE folgen sie uns / folgt uns auch auf twitter (twitter.com/das_ZOB) und auf unserer facebookseite (www.facebook.com/dasZOB) – und wer den einen oder anderen motivations- und unkostenabfederungseuro über hat: wirklich (!) unabhängige NSU-prozessberichterstattung können sie via Kt.Nr.: 5408979333, BLZ: 50010517 (IBAN DE78 5001 0517 5408 9793 33 – BIC INGDDEFF) sichern…

* deren mann andre derzeit in münchen wenigstens nominell auch auf der anklagebank sitzt, aber ominöserweise - obwohl offiziell nicht im zeugenschutz – auf freiem fuss ist. dabei galt er neben zschäpe lange als wichtigster beschuldigter bei den ermittlungen zum “nationalsozialistischen untergrund”, viele medien haben ihn als “vierten Mann” tituliert

** wie hierzulande unserer beobachtung nach leider nur die stuttgarter nachrichten treffend ausführten, die in sachen nsu-komplex unseres erachtens ohnedies neben der jungen welt von den bekannteren medien, die aus münchen berichten, immer mal mindestens einen klick bzw. blick wert sind

nsu-prozess: ab wann darf, ab wann muss man einen richter als zumutung bezeichnen?

tragikomisch wenn man sich erinnert, welch gewichtige akten mit nsu-bezug durch deutsche “verfassungsschützer” vermeintlich unwiderbringlich (auch wenn gewisse ard-dokus peinlicherweise vor monaten anderes suggerieren wollten) geschreddert wurden: vor wenigen wochen stand in der mittagspause eines prozesstages wenige meter vorm OLG dieses fahrzeug. so wie wir die arbeit der meisten akkreditierten journalisten seit über 50 verhandlungstagen beurteilen müssen, würden diese wohl auch dann schweigen, wenn im gericht sogar vor ihren augen weitere akten geschreddert würden – copyright: das ZOB

auch wir waren vergangenen donnerstag geneigt zu lamentieren, wie undankbar es ist, stundenlang einem einstigen “szeneladen”-inhaber  beim de-facto (ver-)schweigen zuschauen und zuhören zu müssen. namentlich ging es um frank liebau. einem mann der offenbar zumindest vor jahren extrem tief mit ultrarechten, vermeintlich gemeingefährlichen kreisen verbandelt, und partner oder chef von andreas schultz war, der dereinst dem nun in münchen mitangeklagten carsten schultze die berühmt-berüchtigte ceska übergeben haben soll, ehe sie dieser dann vermeintlich zu böhnhardt und mundlos brachte. doch: wer insbesondere als medienvertreter die jüngsten beiden (!) prozesstage auch nur annähernd vollständig verfolgt hat, müsste – wenn er seinen beruf, seinen unabhängigkeits- und aufklärungs- oder wenigstens informationsauftrag ernst nimmt – zumindest gleichberechtigt über die neuerlichen ungeheuerlichkeiten des vorsitzenden richters im nsu-prozess berichten. ein wiederholtes auftreten, das fast nur mehr als gezieltes ausbremsen kritischer fragen zu werten ist. im idealfall sollte vielleicht sogar die frage nach der zumutbarkeit und oder tragfähigkeit gestellt werden. und zwar weil das unseres erachtens nunmehr endgültig jede grenze überschreitende, teils extrem lautstarke und auf uns beleidigend wirkende ”gegötzel” ausnahmslos kritischen nebenklagevertretern galt. also nicht mal – wenigstens auch – jenen unerträglichen “zeugen” liebau traf, der außer mit bei neonazis auffällig beliebten marken wie „thor steinar“ oder tickets für umstrittene “fightclubs” mit dem einschlägig bekannten “rico malt” auch mit aus guten gründen indizierten CDs und mutmaßlich gar mit videos handelte, die quasi bombenbauanleitungen bzw. inspiration zum abschlachten politischer gegner enthielten. der “madley”-betreiber musste sich nicht abkanzeln lassen. er durfte sich vielmehr – wie vor ihm übrigens bereits zahlreiche polizisten (sic!) im zeugenstand – auf gedächtnislücken berufen, ohne dass götzl seine aussagen wenigstens protokollieren ließ.

“Er ist 59 Jahre alt. Geboren in Franken. Jazzliebhaber.” so begann vor einigen monaten – nachzulesen noch u.a. bei wz-newsline – eine art portrait jenes mannes, der in diesem verfahren sozusagen den hut aufhat. manfred götzl ist der vorsitzende richter im NSU-prozess. verantwortlich für den text, der u.a. mit der zwischenüberschrift “Dem Richter wird fehlende Sensibilität vorgeworfen” operierte und mit dem absatz “Leicht macht es Götzl weder sich noch Anderen. Anstatt den türkischen Medien
einfach drei Plätze im Publikum zu geben, wie Karlsruhe aufgezeigt hatte,
verschob er den ganzen Prozess. Opferangehörige mussten Flugtickets stornieren –
und sich noch einmal neu auf das Zusammentreffen mit den mutmaßlichen Tätern
einstellen.” endete, stammte von sabine dobel. einer mitarbeiterin der natürlich auch aktuell in sachen nsu deutschlandweit überproportional artikel und damit zahllose meinungen prägenden nachrichtenagentur dpa.

polizisten, die absonderlichste widersprüche im raum stehen lassen dürfen

nicht dass jene zeilen im frühjahr in unseren augen als besonders mutig oder gar bahnbrechend zu werten waren – sie waren besser als nichts. heute aber gibt es hinsichtlich der arbeit götzls unserer beobachtung nach fast nicht mal mehr kritik zwischen den zeilen. bleiben wir zunächst bei der dpa. zum 52. prozesstag (dem vergangenen mittwoch) lieferte diese einen bericht, der zwar ein wenig auf unstimmigkeiten zwischen staatsanwaltschaft und zschäpe-verteidigung hinsichtlich der vernehmung einer 91-jährigen eingeht, jedoch komplett verschweigt, dass der “damalige (gemeint ist der zeitpunkt des “auffliegens” des NSU, aka der wohnmobilbrand von eisenach, das auffinden der “beiden uwes”, anm. das ZOB) Chef der Polizeidirektion Gotha, Michael Menzel” trotz zahlreicher nachfrageversuche von prozessbeteiligten nicht ansatzweise schlüssig erklärte, warum er am tatort zeitnah an uwe mundlos dachte. der leitende beamte hatte sich nämlich bereits am 4.11.2011 eine akte zu diesem – und wohl nur zu diesem – angefordert, bevor (!) es in den frühen morgenstunden des 5.11. einen entsprechenden treffer in einer fingerabdruckkartei gab! wohlgemerkt: zu einer auch metzels aussage nach aufgrund der schwere der schussverletzungen (stichwort pumpgun) anderweitig nicht identifizierbaren leiche.

ebenso verliert dpa nicht einmal “zwischen den zeilen” einen hinweis darauf, wie der vorsitzende richter letzte woche nebenklagevertretern mit unseres erachtens fadenscheinigen gründen ins wort fiel, deren kritische fragen de facto abwürgte. man muss wissen: aufgrund unseres erachtens fragwürdigster beschlüsse von götzl und seinem ihm stets treu ergeben scheinenden senat wird im OLG ja von anbeginn an eine offizielle wörtliche protokollierung generell verhindert. von einer audio- oder gar videoaufzeichnung dieses sogenannten “jahrhundertprozesses” ganz zu schweigen. wenn nun die masse der medien hierzulande de facto verschweigt, dass es in dieser wie in anderen polizeilichen aussagen gravierende ungereimtheiten gibt; einen richter nicht mal zitiert, geschweige denn kritisiert, wenn dieser behauptet, dass es für den tat- und schuldvorwurf gegenüber den angeklagten keine relevanz habe, ob zumindest einzelne staatsbedienstete mehr oder minder frühzeitig wussten, wo das NSU-kernrtrio steckte, ist das unseres erachtens absolute desinformation. oder gar vorauseilende selbstzensur? es gibt schlicht zuviele indizien, dass mitarbeiter der einen oder anderen deustchen behörde wussten, was sich böhnhardt, mundlos und zschäpe seit ihrem “abtauchen” 1998 zumindest unter anderem neu aufs kerbholz geladen haben sollen, als dass man hierzu einfach schweigen darf.

liebe journalistenkollegen: auch verschweigen ist als falschaussage zu werten

man könnte es konsequent nennen, dass eben jene mit abstand bekannteste deutsche nachrichtenagentur zu prozesstag 53 in der folge darauf verzichtet zu erwähnen, dass nebenklagevertreter letztlich eine umfangreiche kritische stellungnahme zu den augenfälligen widersprüchen des herrn menzel abgaben. immerhin kommt so etwas dann im prozess selbst zur gesamtakte. und damit voraussichtlich anders übrigens als wohl höchstspannendes, und vielleicht eine menge erhellendes material zu andreas temme, jenem verfassungsschutzbeamten, der beim mord am internetcafebetreiber halit yozgat 2006 nebendran gestanden haben oder zumindest – laut ermittlern die heute anscheinend niemand mehr hören mag – quasi über die leiche “gestolpert” sein muss. konkret ging es bei einem antrag der nebenklage zu temme unlängst darum, 35 telefonüberwachungsakten zu dem aufgrund (früherer?) rechtsradikaler tendenzen als „klein adolf“ bekannten mann, der sich bezeichnenderweise nach jenem neunten nsu-mord nicht einmal als zeuge gemeldet hatte, beizuziehen. richter götzl lehnte zwischenzeitlich aber – fast möchte man schon sagen erwartungsgemäß – auch diesen antrag ab. die unterlagen würden wohl nichts dazu beitragen können, den fall aufzuklären. die bundesanwaltschaft hatte ihrerseits schon zuvor “widerspruch” erhoben – schließlich gelte es ja auch die privatsphäre (sic!) temmes zu schützen. und die meisten deutschen medien schweigen. hier und da.

dabei sind berufsverbotforderungen, wie sie dem vernehmen nach etwa im jahre 1963 allzu kritischen journalisten entgegenwehten, die sich vom früheren bundesrichter dr. schröder vom bundesarbeitsgericht gar als „Brunnenvergifter“ diffamieren lassen mussten, die „systematisch das Vertrauen in die Justiz untergraben“, und denen man deshalb “das Handwerk legen” müsse, heute wohl - zumindest formal – nicht mehr zu erwarten. hoffen wir zumindest. auch in bayern. haben kollegen, die auffällig vieles, was im nsu-prozess am image der richter und der staatsanwaltschaft kratzen könnte, mehr oder minder beharrlich ausblenden, vielleicht trotzdem “nur” angst? etwa davor, dass man ihnen selber den prozess macht, wenn sie auch nur implizit an der marke unabhängigkeit (von der entscheider an deutschen gerichten offensichtlich oftmals glauben, dass sie nicht mal theorteisch hinterfragt werden darf) zweifeln?

richter blockt selbst fragen, die sich quasi um mögliche blaupausen für die nagelbombenanschläge des NSU drehen

der zu seiner politisch aktiveren zeit selbst fraglos nicht zu unrecht umstrittene norbert blüm, dessen lesenswerter wenngleich nicht taufrischer text in der “zeit” auch eine anmerkung zum vorsitzenden richter im nsu-prozess enthält (“Götzl gilt unter Kollegen als “brillant”. Zu dieser Brillanz gehörte, dass er einen Gutachter, der während eines langen Vortrags einen Schluck Wasser zu sich nehmen wollte, anblaffte, er solle gefälligst eine Pause beantragen, wenn er Durst habe.”) schafft es, anders als viele medienvertreter, die in münchen seit mai oft mehrmals die woche grund dazu hätten, den gedanken “Richter (müssen) wenigstens lernen, mit Kritik umzugehen” auszuformulieren. zumal selbstkritik, etwa aus reihen des deutschen richterbunds – dessen stellvertretenden vorsitzende andrea titz tragikomischerweise aktuell die leitende pressesprecherin des OLG münchen ist – an einem der ihren, gerade im falle dieses verfahren wohl nicht zu erwarten ist.

zurück zu dem im vorspan dieser geschichte erwähnten szeneladen, der rund um die in neun von zehn nsu-morden zum einsatz gekommenen ceska eine gravierende rolle gespielt habe. dass götzl bei liebau mindestens pro forma öfters nachfragte, diesen zeugen daran erinnerte, dass er nichts verschweigen und nicht wissentlich die unwahrheit sagen dürfe, ist unseres erachtens natürlich eine selbstverständlichkeit. viele kollegen scheinen, allein dass ein richter seine originärste arbeit macht, als etwas besonderes zu betrachten. anders sind viele medienberichte zu den jüngsten prozesstagen nicht zu erklären. dass journalisten dabei aber zumeist unerwähnt lassen, wie götzl am vergangenen mittwoch und donnerstag gleich zahlreiche vertreter der vielen schwerstverletzten und der hinterbliebenen der mordopfer des NSU – also jene gruppe von nebenklageanwälten, die von SZ bis spiegel allein aufgrund ihrer zahl bereits vom ersten prozesstag an immer wieder mal mehr mal weniger unverholen als generelle zumutung diffamiert wurden – fast wie “am laufenden band” unterbrach, oft auch maßregelte und ihren fragen, wenn er sie denn letztlich umformuliert zuließ, zumeist den wind aus den segeln nahm, spottet jeder beschreibung. selbst die schilderungen, die dpa offenkundig am letzten freitag nachschob (die somit unserer beobachtung nach kaum mehr widerklang fanden), spiegeln das, was diesmal zunächst nebenklagevertreter alexander hoffmann und im weiteren wieder anwälte, wie der mit stets besonders profunden recherchen und – wenn ihn das “hohe gericht” nicht steine in den weg legen würde – wohl sehr zielführenden fragetechniken auftrumpfende yavus narin, von götzl erdulden sollten, nicht im ansatz wieder. dass der richter namentlich auch fragen zu früheren ermittlungen zu einem wohl sehr guten bekannten (“kumpel”) von “zeuge” liebau ebenso wie zu fragen über inhalte von bei ihm, dem einstigen szeneladenbetreiber, mal vorgefundenen DVDs blockte, obgleich sich diese um nichts geringeres als um anleitungen zum nagelbombenbau bzw. um “experimente” mit selbigen handelte, findet offenkundig keinerlei wiederklang in der deutschen medienlandschaft. neben zehn morden wird dem NSU jedoch eigentlich insbesondere ein verheerendes nagelbombenattentat vorgeworfen: im juni 2004 wurden durch eine extrem feige tat in der kölner keupstraße (in der überproportional viele türkische bürger ladengeschäfte betrieben und betreiben) 22 menschen zum teil schwer verletzt. aber dies ist ein komplex, den götzl ja schon ziemlich zu prozessbeginn offenkundig vernachlässigenswert fand.

götzl unterbindet protokollierung selbst bei offenkundigen lügnern

und da ist es wieder. das problem der aberwitzigerweise vom vorsitzenden richter und seinem senat wohl nicht zuletzt aufgrund des drängens der bundesanwaltschaft abgelehnten bzw. unmöglich gemachten protokollierung. denn neben all dem was – unter anderem – dpa zur jüngsten prozesswoche unter den tisch fallen ließ: es gibt auch zu mal banaleren, mal grundsätzlicheren sachfragen höchst unterschiedliche berichterstattung. also nicht “nur”, wenn etwa einerseits dpa formuliert “Mit der Hauptangeklagten Beate Zschäpe wechselte er (gemeint ist der mann aus dem madley-laden, anm. das ZOB) im Gerichtssaal mehrfach Blicke. Die beiden lächelten sich immer wieder zu.”, während beispielsweise der erst jüngst nebenklage-anwälte in die ecke der sog. verschwörungstheoretiker schubsende, eng mit der wochenzeitung “die zeit” verbandelte berliner tagesspiegel zu den gleichen prozesstunden vermerkt: ”Immer wieder blickt er zu Beate Zschäpe und Ralf Wohlleben. Zschäpe mustert ihn, verzieht aber keine Miene.” nein! so etwas passiert tagtäglich bei viel gewichtigeren situationen. zum beispiel bei der frage, ob der seinen “madley”-laden zwischenzeitlich aufgegebene “zeuge” liebau letzte woche vor gericht eingeräumt haben soll, zumindest mal armbrüste in dem szeneladen verkauft zu haben, gehen die beobachtungen der oftmals nicht mal mehr 20 journalisten vor ort weit auseinander. unserer wahrnehmung nach hat das der heute vierzigjährige, der vorm OLG nebenbei zweifelsfrei erklärte, sich beim mitangeklagten wohlleben irgendwann mal nach dem verbleib des “trios” erkundigt zu haben, übrigens explizit verneint.

sogar, dass speziell bei diesem von vielen als zumindest sperrig empfundenen zeugen die nebenklage – was in einzelfällen trotz des o.g. generellen beschlusses des gerichts rechtens ist – eine wörtliche protokollierung beantragte (was erstaunlicherweise ausnahmsweise sogar von bundesanwalt weingarten – “hier steht eine Straftat im Raum” – formal unterstützt wurde, aber – sie ahnen es – von götzl, weil es auf wortwörtliches nicht ankäme, abgelehnt wurde), finden viele kollegen offenkundig nicht mal eine silbe wert. auch nicht, dass es der vorsitzende richter dieser tage ebenfalls als irrelevant einstufte, dass beim mordfall in dortmund – unter anderem – der deutschlandweit berüchtigte neonazi siegfried borchardt, der auch bei der einvernahme eines mutmaßlichen skinheads eine gravierende rolle hätten spielen sollen, wenige meter vom tatort gewohnt haben soll. das (die folgende formulierung ist adaptiert) ehemalige nachrichtenmagazin der spiegel etwa, dessen autorin wir allein zur fortan passenderen verwendung des begriffs kreuzverhör beispielsweise einen was-ist-was-erklärtext empfehlen*, sprach letzte woche lieber von einer schonungslosen einvernahme. die hamburger verteilten also an den vorsitzenden richter lieber blumen als kritische worte. weil diese und andere kollegen ihren im print gemeinhin stark begrenzten platz ansonsten unter anderem auch für ausgiebige beobachtungen, etwa wie oft die hauptangeklagte zschäpe in prozesspausen kreuzworträtsel und oder sudokus löst, benötigen, bleibt natürlich letztlich kein platz zu berichten, was nebenklage-rechtsanwältin elif pinar richter götzl am letzten verhandlungstag nach dessen – anders kann man das unseres erachtens kaum nennen – ausraster gegen RA hofmann in einer immens engagierten, recht mutigen stellungnahme erörterte: nämlich, dass sie beim besten willen nicht wisse, wie es den hinterbliebenen der opfer und den verletzten aus köln vermittelt werden kann, dass der vorsitzende einem offenkundigen lügner wie dem szeneladenbetreiber über stunden mit einer engelsruhe begegne, aber bei der leisesten kritischen frage ihres kollegen unangemessen laut und unhöflich wurde. der rest ist schweigen.

PS: BITTE folgen sie uns / folgt uns auch auf twitter (twitter.com/das_ZOB) und auf unserer facebookseite (www.facebook.com/dasZOB) – und wer den einen oder anderen motivations- und unkostenabfederungseuro über hat: wirklich (!) unabhängige NSU-prozessberichterstattung können sie via Kt.Nr.: 5408979333, BLZ: 50010517 (IBAN DE78 5001 0517 5408 9793 33 – BIC INGDDEFF) sichern…

* eine auseinanderfriemelung zu “Über die Verkaufstheke des Madley” wäre auch noch angezeigt, denn von allem was man weiß, wurde eine waffe mit schalldämpfer nicht im geschäft selbst übergeben. zumindest der mutmaßliche abholer carsten schultze hat bis heute zumindest im prozess übrigens auch (noch) nie konkret eine ceszka benannt und oder identifiziert -

NSU: Der Tiefe Staat – ein ausgeliehenes Gespenst?

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wolf wetzels buch zum thema nsu / verfassungsschutz erschien dieser tage in einer zweiten, erweiterten auflage.

dieser nicht vom ZOB-team direkt verantwortete “gastbeitrag” ist ein “nachdruck” mit freundlicher genehmigung von buchautor wolf wetzel, mit freundlicher empfehlung von uns an unsere leser

Viele, die seit zwei Jahren die ›Aufklärungsarbeit‹ der deutschen Behörden im Fall der neonazistischen Terror- und Mordserie des NSU verfolgen, wollen und können das Eingeständnis eines kompletten Behördenversagens nicht akzeptieren bzw. annehmen. Zuviel bedauerliche Einzelfälle reihen sich aneinander, zu viele Akten wurden im Zuge der ›Aufklärung‹ nicht ausgewertet, sondern vernichtet. Zu viele hochrangige Beamte machten Falschaussagen vor den parlamentarischen Untersuchungsausschüssen. Zu viele Ermittlungen, die geradezu auf der Hand liegen (wie im Fall des Mordanschlages auf Polizisten in Heilbronn 2007), werden bis heute be- und verhindert.

Wenn man dieser Kettenserie von Pannen und Versehen nicht Glauben schenken kann, dann stellt sich die Frage nach der Systematik, nach den Gründen gewollter Nicht-Aufklärung.

Dabei wird immer wieder auf die in der Tat besondere Rolle der Geheimdienste (VS/MAD) verwiesen. Haben sie sich verselbstständigt? Haben sie die Polizeiarbeit hintergangen, torpediert? Waren die Ermittlungsbehörden Spielball der Geheimdienste? Wurden sie an der Nase herumgeführt?

Die für eine parlamentarische Demokratie entscheidenden Fragen stehen im Raum:

Agierten die Geheimdienste tatsächlich außerhalb jeglicher politischer/parlamentarischer Kontrolle? Führen sie ein Eigenleben als wesentlicher Bestandteil des Staates im Staat?

Obwohl sich diese Fragen geradezu aufdrängen, ist das publizistische Interesse geradezu bescheiden. Zu Beginn des ›NSU-Skandals‹ 2011 fiel noch gelegentlich das Wort vom ›tiefen Staat‹, vom ›Staat im Staat‹. Doch anstatt diesem Vorwurf analytisch und argumentativ nachzugehen, überwiegt heute das Schweigen.

Dankenswerterweise hat sich das Politikmagazin Cicero dieser Fragestellung angenommen. Um die Existenz des ›tiefen Staates‹ in der Türkei zu beschreiben, geht der Autor Michael Kraske in seinem Beitrag ›In den Tiefen des Staatesvom 14.9.2012 auf Ereignisse in 2007/8 ein: Die Polizei findet in einem Haus in Istanbul 27 Handgranaten, Sprengstoff und Geheimdokumente, die auf eine Verschwörung namens ›Ergenekon‹ hinweisen sollen. Am Ende werden mehr als 250 Personen angeklagt. Ihr Ziel: Sturz der derzeitigen Regierung Erdogans, die 2002 an die Macht gekommen war. Das Personal dieser Verschwörung ist hochkarätig: hochrangige Mitglieder des alten kemalistischen Regimes, wie der Ex-Kommandant der 1. Armee, der Ex-Chef der Gendarmerie, der General Ilker Basbug (türkischer Generalstabschef von 2008 bis 2010), der Chef der Arbeiterpartei, (Ex-)Abgeordnete der Republikanischen Volkspartei (CHP) usw.

Mit diesem Bild vom tiefen Staat wendet sich der Autor den deutschen Verhältnissen zu. Er führt die zahllosen Fälle im Kontext der neonazistischen Mordserie auf, in denen Beweise vernichtet, Akten vorenthalten, Untersuchungsausschüsse belogen, »staatliche Kollaboration mit Nazis« betrieben wurden … und kommt zu dem naheliegenden Schluss: »Wenn offen erörtert wird, ob es in Deutschland einen ›tiefen Staat‹ gibt, soll damit nicht die Verschwörung und Verbrüderung staatlicher Institutionen mit Neonazis behauptet werden. Hingegen lassen sich beunruhigende Indizien dafür finden, dass in Teilen der Polizei, Justiz und Politik eine unausgesprochene Übereinkunft darüber herrscht, Rechtsextremismus zu vertuschen und zu verharmlosen. Eine Art Staatsräson, in der das Image als saubere Demokratie Primat des Handelns ist.«

Zweifellos gibt es für diese Art von Staatsräson zahllose Belege. Doch all dies, was der Autor zu Recht beklagt und anklagt, beantwortet die Frage nicht: Wozu braucht es für diese rassistisch geprägte Grundhaltung, für diesen »unausgesprochenen Common Sense«, einen tiefen Staat, einen Staat im Staat?

Als deutliches Indiz für seine Annahme führt er an: »Der demokratiegefährdende Skandal ist, dass sich Verfassungsschützer und Geheimdienstler über die gewählten Parlamentarier erheben, dass sie selbst entscheiden, worüber sie informieren und was sie besser verschweigen.« Diese Willkür offenbare einen »eklatanten Mangel an demokratischer Loyalität«, ebenso an Kontrolle, dass als Konsequenz die Aufgabenbereiche wie auch die Struktur, besonders die parlamentarische Kontrolle der beteiligten Behörden in Bund und Ländern überprüft und korrigiert werden müssten. »Die Verfassungsschutzämter führen ein Eigenleben«, meint Kraske. »In diesem Sinne kann man von einem ›tiefen Staat‹ sprechen: Als einem System, das unterhalb der geltenden Vorschriften und Gesetze ein Eigenleben führt.«

Der Versuch, hinter dem Pannensystem das Systemische herauszuarbeiten, leidet an zweierlei: an der (türkischen) Vorlage und an dem angeführten Beleg. Die hier skizzierte Version vom tiefen Staat in der Türkei zeichnet einen massiven Konflikt zwischen der alten (kemalistischen) und der neuen (islamisch geprägten) politischen Klasse nach. Gehen wir von der Existenz einer Organisation namens ›Ergenekon‹ aus, dann war dies ganz offensichtlich ein Versuch, die alten politischen (kemalistischen) Machtverhältnisse mittels eines Putsches wiederherzustellen.

Von einem solchen politischen Konflikt kann man in Deutschland nicht ausgehen, denn die Staatsräson wird von der politischen Opposition (SPD, Grüne) gleichermaßen geteilt und verteidigt wie von der gegenwärtigen Regierung (CDU/CSU, FDP). Für die Option eines Staates im Staat gibt es keinerlei Anhaltspunkte, keinerlei Notwendigkeit. Im Gegenteil: Der NSU-VS-Komplex belegt in einem Zeitraum von über 13 Jahren, dass das ›Versagen‹ keine Besonderheit der amtierenden schwarz-gelben Bundesregierung ist. Die neonazistische Mordserie begann im Jahr 2000, zuzeiten einer rot-grünen Bundesregierung. Den Common Sense bei der aktiven Nichtaufklärung, bei der Weigerung, die Ermittlungen in Richtung Neonazismus aufzunehmen, teilten sich sozialdemokratische und christdemokratische Innenminister. Der Staatsanteil am NSU, die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung durch zahlreiche deutsche Behörden, wird von einer parteiübergreifenden Koalition unterschlagen und gedeckt. Die juristisch mehr als evidente Frage, ob sich deutsche Behörden der Beihilfe zum Mord schuldig gemacht haben, wird weder gestellt noch mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens geprüft.

Neben dieser gewählten Vorlage, die sich nicht auf deutsche Zustände übertragen lässt, ist aber auch der Beleg für einen hier existierenden tiefen Staat falsch. Als Beweis führt Kraske das »Eigenleben« der Geheimdienste an, die sich jeder parlamentarischen und politischen Kontrolle entzogen hätten.

Für die Existenz eines tiefen Staates bräuchte es jedoch mehr als das Eigenleben von Geheimdiensten. Ein Staat im Staat setzt voraus, dass bestimmte staatliche Operationen und Zielsetzungen nicht mehr innerhalb bestehender staatlicher Strukturen durchsetzbar sind, dass rechtswidrige, staatsterroristische Handlungen nicht mehr durch entsprechende Gesetzesänderungen ›legalisiert‹ werden können.

Alles, was man bisher zum NSU-VS-MAD-Komplex weiß, indiziert etwas anderes: Es gab in den dreizehn Jahren NSU keinen politischen Dissens zwischen den Regierungsparteien und regierungswilligen Oppositionsparteien. Niemand forderte eine Kehrtwende (bei den Ermittlungen), niemand forderte dazu auf, einen anderen Weg (in Hinsicht auf den staatlichen Begleitschutz des Neonazismus) einzuschlagen.

Der ›Konsens der Demokraten‹ war in all den Jahren nicht gefährdet. CDU-CSU-SPD-FDP-GRÜNE agierten unter den gleichen Vorgaben, unter denselben Prämissen. Bei der Abschiebung der neonazistischen Mordserie ins ausländische kriminelle Milieu stand der parteiübergreifende Konsens an oberster Stelle.

Wer diese Belege und Argumente für glaubwürdig hält, wird nicht länger nach einer verborgenen Schaltzentrale suchen, nach einem Staat im Staat. Mit diesem Wissen würden wir vielmehr mitten im realexistierenden Staat ankommen. Anders gesagt: Was bedacht und oftmals unbedacht ins Geheimnisvolle und Obskure abgeschoben wird, was oftmals und vielsagend als Spitze des Eisberges entlarvt wird, ist hier in Deutschland der Staat selbst.

Eine Sternstunde der parlamentarischen Opposition, der Partei Die Linke?

Eigentlich böte der NSU-VS-MAD-IM-Komplex der Partei Die Linke die Chance, sich als Oppositionspartei, als wirkliche Opposition zum ›Konsens der Demokraten‹ zu profilieren. Ihre Abgeordneten sitzen in den parlamentarischen Untersuchungsausschüssen, sie sind in parlamentarischen Kontrollgremien vertreten, sie haben Kenntnis von Dingen, die in nichtöffentlichen Sitzungen ans Licht gekommen sind. Warum initiieren sie nicht eine eigenständige, unabhängige Aufklärung? Warum greifen sie nicht den Vorschlag auf, ein Russel-Tribunal einzurichten? Warum ergreifen sie nicht die Chance, all das an die Öffentlichkeit zu bringen, was in dem NSU-Prozess in München von vorneherein ausgeschlossen wurde? Warum unterstützen sie nicht eine Strafanzeige gegen die jeweiligen Innenminister, die zwischen 2000 und 2007 im Amt waren, wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung bzw. Beihilfe zu Mord?

Programmatisch kann man dieses kritische Mittun nicht verstehen. Erklärbar ist es nur damit, dass man koalitionsfähig bleiben möchte. Auch die Partei DIE LINKE weiß: Wer den besagten ›Common Sense‹, die Staatsraison nicht mitträgt, wird nicht zu Sondierungs- und Koalitionsgesprächen eingeladen, sondern abgestraft – vom Konsens der Demokraten.

Wolf Wetzel

Autor des Buches: Der NSU-VS-Komplex. Wo beginnt der Nationalsozialistische Untergrund – wo hört der Staat auf?, Unrast Verlag 2013, 2. Auflage

Blog-Seite des Autors: www.wolfwetzel.wordpress.com

NSU-prozess: wider der einzeltäter-doktrin

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typisches bild einer typischen mittagspause am OLG: der angeklagte andre eminger verbringt die mittagspause mit personen, die den prozess teils auch als zuschauer verfolgen und teils – was nicht zwingend auf die hier abgebildete person links zutreffen muss – aufgrund von kleidung oder tattoos oder äußerungen einem ultrarechten spektrum, teils auch dem sog. braunen haus in münchen zugeordnet werden können. – foto copyright und schwärzung: das ZOB

vorweg: es gibt für unser weiterhin ohne sponsor, verlag o.ä. im rücken, also absolut unabhängig arbeitendes team die kommenden wochen noch so einiges an prozessgeschehen aufzuarbeiten. etwa auch die dieser tage erfolgte befragung des uns bereits vor monaten nicht restlos überzeugenden mitangeklagten carsten schultze durch die teils schaudern lassende wohlleben-verteidigung. aber heute möchten wir uns aus aktuellen anlässen heraus zuvörderst der frage widmen, warum deutsche medien soviele indizien zu mitwissern und helfern und netzwerken rund um die nsu-taten ignorieren. und das obgleich entsprechende verdachtsmomente von einigen der engagierteren anwälte der nebenklage unüberhörbar für alle prozessbesucher herausgearbeitet werden. übrigens teils in aberwitziger form vorgetragener widerstände des vorsitzenden richters und vor allem den widerständen der staatsanwaltschaft zum trotz. fast scheint es, als ob kaum ein deutsches mainstreammedium gegen die wie unsichtbar festgeschrieben wirkende doktrin aufzubegehren traut, dass außer dem “trio” und den vier typen, die in münchen mit dem verbliebenen nsu-drittel zschäpe auf der anklagebank sitzen, niemand auch nur indirekt in die vorbereitung und ausführung der morde oder in die immer noch zahllose rätsel aufgebende auswahl der zehn ermordeten verwickelt sein könnte.

über die demontage der “zeugin vom dachfenster”, deren mutmaßliche beobachtungen ein gravierendes indiz dafür wären, dass mundlos und böhnhardt in der hochzeit ihrer taten zumindest engste kontakte mit ultrarechten aus dortmund hatten – wenige tage vor einem mord in der rohrmetropole - bereits vor ihrem auftritt bei gericht und erst recht danach haben wir uns ja bereits zweimal ausführlich gewundert. aber es kam zwischenzeitlich noch toller. einmal rund um die einvernahme des mutmaßlichen skinheads, den jene frau von a. mutmaßlich mit dem “nsu-trio” in einem dortmunder garten kurz vor zwei nsu-morden gesehen haben will. und auch vorgestern, als ein polizist vor gericht einräumen musste, dass er rund um den mord an theodorous boulgarides selbst gute bekannte des deutschlandweit bekannten rechtsterroristen martin wiese als harmlos einstufte. doch der reihe nach.

jochen neumeyer, von der deutschen nachrichtenagentur dpa (auf dessen texte zahllose medien – nicht nur jene, die keinen eigenen korrespondenten nach münchen entsenden – regelmäßig zurückgreifen) etwa bewertete den gerichtsauftritt des mutmaßlichen dortmunder skins (den zeugin a. mit “dem  trio” 2006 beobachtet haben will) nur auf den ersten blick kritisch: “So gab die Befragung des Nachbarn zwar in diesem Prozess ein weiteres Beispiel für dumpfes, fremdenfeindliches Gedankengut* – doch für Verbindungen des Nationalsozialistischen Untergrunds in die örtliche rechte Szene Dortmunds ergaben sich keine Anhaltspunkte.”

keine anhaltspunkte? blood and honour keine erwähnung wert?

von den unseres erachtens sehr plausiblen aussagen der zeugin a. mal ganz abgesehen: der vermeintliche skinhead, der (wie der sehr zu empfehlende blogger @editor64 recherchiert hat) vor geraumer zeit im internet tragikomischerweise noch dienste auch als tatortreiniger anbot, gestand auf klug aufgebaute nachfragen des nebenklagevertreters narin, den richter götzl unverständlicherweise zunächst auszubremsen versuchte, nicht nur frühere kontakte zu dem als ss-sigi bekannten dortmunder neonazi siegfried borchardt, sondern musste auch einräumen, mit einem mann, der sich gerade intensiv für die freilassung des in diesem nsu-prozess mitangeklagten wohlleben stark macht, nicht nur vor jahren gemeinsam geschäfte gemacht zu haben, sondern auch direkt verwandt zu sein.

nun sind wir natürlich keine freunde von sippenhaft, aber so dermaßen unglaubhaft wie thomas de., der auf seinem xing-profil die reichsfarben von hitlerdeutschland hochleben lässt, in münchen auftrat, muss man unseres erachtens schon sehr gutgläubig sein, wenn man ihm abnimmt, dass er, der seinen kindern nicht nur – wie unter anderem vom spiegel unseres erachtens sträflich verkürzt und verharmlosend kolportiert – anklänge an “gottheiten” in deren vornamen baute (u.a. thor), sondern einmal auch den lautmalerischen zusatz aryan** verpasste, keine konzerte der einschlägig bekannten (dortmunder!) “band” oidoxie besucht habe. aber glauben oder nicht glauben ist das eine. wir haben aber spätestens dann ein problem mit pressekollegen, wenn sie – mit zeilenknappheit kann das nicht entschuldigt werden – gänzlich unerwähnt lassen, dass es im prozess eben unter anderem auch um solche zusammenhänge ging. vor allem wenn es von diesen zusammenhänge vom in deutschland aus gutem grund verbotenen organisation blood and honour zum “trio” eben nur mehr ein sehr kleiner schritt wäre. beispielsweise soll einer der aktivisten dieser “musikfreunde”-bande zschäpe, mundlos und böhnhardt die erste zeit nach ihrem abtauchen in chemnitz beherbergt haben; auch davor gab es wohl innige gegenseitige kontakte – und auch v-leute spielen in diesem themenkomplex wieder eine rolle.

außer uns und der “jungen” sowie springers “welt” scheinen solche und andere auffälligkeiten in der einvernahme der offenkundig inzwischen getrennt von thomas de. lebenden, zschäpe trotz mit-brille-und-pferdeschwanz-auftritt überhaupt nicht ähnlich sehenden frau wenig zu interessieren. ein schuft, der böses dabei denkt. für uns ist es jedenfalls immer auffälliger, wie selten sich in deutschen mainstreammedien (außer den beiden vorgenannten) wenigstens halbsätze finden, die es zumindest für möglich erachten, dass mundlos und bönhardt an den jeweiligen tatorten diverse helfer hatten. ob “live” bei der (jeweiligen) tat – oder “nur” im vorfeld sei dahingestellt.

und immer wieder temme

haben sie beispielsweise schon mal etwas von den möglichen verstrickungen des – allerdings als einzelner – auch von richter götzl schon recht hart angegangenen, derzeit vertagten “zeugen” temme (dem offiziellen verfassungsschutzmitarbeiter, der zur tatzeit an einem tatorte war…) in ein nazi-netzwerk gelesen oder gehört? von einem netzwerk, in welchem sich neben zwei bis drei dritteln des “nsu-trios” auch zschäpes knastbrieffreund robin schmiemann und weitere dortmunder neonazis – u.a. wohl wenigstens zwei weitere v-leute des “verfassungsschutzes” - befunden haben sollen? ein punkt, den die nebenklage-anwälte bliwier, dierbach und kienzle vor wochen gegen den widerstand der bundesanwaltschaft anmerkten. wie der unermüdliche anwalt narin haben wohl auch diese drei querverbindungen zur nazi-band oidoxie auf dem radar, die sinnigerweise im märz 2006 (zwei wochen vor der ermordung von mehmet kubaşık in dortmund) ausgerechnet in kassel ein konzert gaben, wo – für nsu-verhältnisse einmalig – in extremer zeitlicher nähe ein weiterer mord stattfand. oder was wissen sie aus den medien ihres vertrauens zu thomas starke, einem v-mann des LKA berlin, der dem NSU sprengstoff geliefert haben soll; zu den staatlichen operationen terzett und rennsteig? oder haben sie wenigstens mitbekommen, dass vor wenigen wochen ein  21jähriger in der nähe von stuttgart in seinem auto verbrannte? kurz bevor ihn der baden-württembergische staatsschutz nochmals zu möglichen komplizen des NSU verhören konnte, auch zu einer ominösen organisation neoschutzstaffel, die wiederum außer uns und der jungen welt von bekannteren deutschsprachigen medien nur die südwestpresse zu interessieren scheint? florian heilig, der junge mann – der, obgleich er keinen abschiedsbrief hinterlassen habe, von den deutschen behörden zweifelsfrei als selbstmörder identifiziert wurde – soll jene grupperierung als “zweite radikalste gruppe neben dem NSU” tituliert und treffen der beiden banden in öhringen (also unweit von heilbronn, wo die polizistin kiesewetter, eines von offiziell 10 nsu-mordopfern sterben musste) erwähnt haben.

“Zschäpe-Anwältin Anja Sturm gab jedenfalls eine Erklärung…”

damit für den moment zurück zu der einvernahme des dortmunder “skinheads”. den vogel in der nachberichterstattung schoss unseres erachtens übrigens nicht dpa ab, sondern der stern: “Falls die von der Nachbarin Veronika von A. beobachtete Frau tatsächlich Vera Desirée D. gewesen sein sollte, muss sich die Belastungszeugin massiv getäuscht haben. Denn nicht nur das Gesicht sieht anders aus als das Zschäpes. Auch die Statur der beiden Frauen unterscheidet sich leicht sichtbar, Zschäpe ist viel schmaler. [...] Für deren (gemeint ist die zeugin a., anmerkung das ZOB) Unglaubwürdigkeit spricht, dass dem Ehepaar (gemeint sind desirée und thomas de, letzterer ist – zur erinnerung! - der mann, der einräumte dereinst mit “ss-sigi” dumpeste auslädnerfeindlichkeiten vom stapel gelassen zu haben, anm. das ZOB) keine Verwurzelung in der rechten Szene nachgewiesen werden kann. Die wäre aber wohl eine Voraussetzung, um Kontakt zu drei seit Jahren untergetauchten Neonazis zu halten. Gerade die angebliche Zschäpe-Doppelgängerin verneinte überzeugend Verbindungen zur rechten Szene. Sie beschrieb ihr Leben als äußerst bürgerlich. [...] Dafür, dass er seinen Söhnen die ansonsten vor allem in der rechten Szene verbreiteten Vornamen Odin und Thor gab, führte D. ein Faible für germanische Götter als Erklärung an. [...] so unbedarft wie D. plauderte, wirkte er nicht so, als könne er eine Lügengeschichte zum Besuch des NSU-Trios in seinem Garten konstruieren. Die Zschäpe-Anwältin Anja Sturm gab jedenfalls eine Erklärung zu Protokoll, wonach nun ja wohl jedem klar sei, dass der Besuch nicht den Tatsachen entspreche.”

nochmal zum “mitschreiben”! der stern wirft zeugin a. implizit vor, sich tendenziell massiv getäuscht zu haben, weil der skin behauptet, dass das damals wohl nur seine desiree und eben nicht zschäpe gewesen sein könne; und weil diese zschäpe eben anders als vom skin behauptet (und nicht nur vom “terrorman” des SWR im vorfeld so rotzfrech offenkundig im sinne des BKA und vermeintlich auch der bundesanwaltschaft mittels herumgezwitschere vervielfachten meinungsmache) dies augenscheinlich nun “doch” nicht stimmt, ist zeugin a. die unglaubwürdige? und am ende steht dann noch die zschäpe verteidigerin (!), anwältin sturm, als kronzeugin gegen frau a.? da passt es dann auch, dass der stern das “aryan” bei den vornamen weglässt. würde die klientel, die vielleicht noch immer an die authentizität der hitler-tagebücher glaubt oder hofft, dass nicht der stern selbst, sondern die mit presseplatz-losglück gesegnete, zur gleichen verlagsgruppe zählende “brigitte” aus münchen berichtet, vielleicht auch zu sehr verunsichern.

diesmal erschien er, der ermittler blumenröther

einer der wenigen mainstraemjournalisten. der übrigens – für uns absolut unverständlich – noch immer ähnlichkeiten zwischen desiree de. und der in münchen hauptangeklagten suggeriert und damit – hoffnungsvollerweise unfreiwillig – eine lanze für die glaubhaftigkeit des mutmaßlichen skins bricht, ist tom sundermann, der für die “zeit” bzw. “zeit online” unterwegs ist: “Zwischen D.s heutiger Frau und Beate Zschäpe lassen sich durchaus Ähnlichkeiten feststellen.” vielleicht war er bei seiner berichterstattung zum aktuellen vorletzten prozesstag noch immer mit dieser frage beschäftigt und hat daher zum fall der einvernahme des münchner ermittlers blumenröther (dieser war schon mal vor wochen geladen, hatte aber kurzfristig abgesagt) leider nur ein halbes lob als ausgleich von uns verdient. immerhin erwähnt der zeit-beitrag absonderlichkeiten zu blumenröthers soko-leitung im mordfall boulgarides überhaupt. anders als viele medien in deutschland. namentlich schreibt sundermann davon, dass seinerzeit eine verbindung “übersehen” worden sei, “die zumindest in die rechte Szene von München deutete. Nebenklage-Anwalt Yavuz Narin konfrontiert mit einem Ereignis, das drei Tage nach dem Mord geschah: Zwei Männer hielten ohne erkennbaren Grund in einem Auto direkt vor dem Tatort. Die Kommission befragte die beiden und nahm ihnen DNA-Proben ab, dann wurde der Vorfall bald zu den Akten gelegt. Erst als der NSU im November 2011 aufgeflogen war, warfen die Ermittler der Sonderkommission Bosporus in Nürnberg einen zweiten Blick auf die Spur – und stellten fest, dass die Männer Kontakte zu den bekannten Neonazis Norman Bordin und Martin Wiese hatten. Wiese hatte 2003 einen Anschlag auf das jüdische Kulturzentrum in München geplant. Narin legt auch dar, dass die Männer aus dem Auto Verbindungen in eine rechte Kneipe (der sog. burg trausnitz, anmerkung das ZOB)  in der Stadt pflegten, deren Gäste einmal einen griechischen Passanten überfielen und verprügelten. Blumenröther will die Männer dennoch nicht als rechte Kameraden eingeschätzt haben.”

eminger_1788

der junge mann rechts im bild begleitet den angeklagten andre eminger die letzten wochen relativ häufig am ende eines prozesstages… (foto copyright: das ZOB)

doch eben auch das ist wieder – wie wir mit dem “halben” lob andeuteten - zu kurz gesprungen. denn während rechtsanwalt narin den polizeizeugen, der immerhin die soko im mordfall boulgarides leiten “durfte”, kritische fragen stellte (denen wir uns noch in einer kommenden geschichte ausführlich widmen wollen), wurde richter götzl einmal mehr extremst unverschämt gegen einen der türkischen anwälte. hatte er narin im kontext mit dem dortmunder “skin” ein paar tage zuvor noch vergleichsweise zurückhaltend unterbrochen, machte er diesmal offenkundig eine durchdachte, aber eben nicht ins mainstreambild von der einzeltäter-theorie (aka der weitgehend geschlossen agierenden dreiergruppe nsu) passende befragung zunichte. so etwas darf sich ein richter unseres erachtens nicht erlauben! zumal nicht in einem – wie schon vor wochen auch gegenüber den ebenfalls betont kritisches einbringenden anwälten erdal und mohammed – schlichtweg unangemessenen ton. und erst recht nicht im konkreten fall, wo ja die beiden typen, die mit den neonazis wiese und bordin verkehrten, schließlich zumindest 2006 selbst der nürnberger soko “bosporus” irgendwie verdächtig erschienen. insofern verbietet sich allein die nachfrage götzls, was das mit dem verfahren zu tun habe, von selbst. dass der vorsitzende richter rechtsanwalt narin zudem quasi auf zuruf eines verteidigers von ausgerechnet andre eminger – wir kommen auf jenen mitangeklagten gleich nochmal zu sprechen! -, dem die kritischen fragen des rechtsvertreters der witwe boulgarides sichtbar missfielen, erst unterbrach und dann abkanzelte, spottet unseres erachtens jeder beschreibung.

polizei sieht “heil hitler”-botschaften auf t-shirts, handelt aber nicht

... manchmal sitzt dieser junge mann mit einem "gefangenen-hilfe" claim im gerichtssaal, manchmal aber auch mit der

… manchmal sitzt dieser junge mann mit einem “gefangenen-hilfe” claim im gerichtssaal, manchmal aber auch mit shirts auf denen u.a. die einschlägigen zahlen 14 und 88 prangen. foto copyright: das ZOB

wer hat einen vorteil davon, wenn mögliche querverbindungen des nsu nach münchen nicht vollends zur sprache kommen, selbst vor gericht nicht hinterfragt werden können? wir wissen es wirklich nicht, sind aber vergangenen dienstag einmal mehr mit einem extrem schalen nachgeschmack aus einem prozesstag gegangen. denn jeder ernsthafte prozessbeobachter sieht es nahezu drei mal die woche seit vielen monaten, dass zumindest die kontakte des mitangeklagten andre eminger ins münchner rechte spektrum offenkundig ebenso enorm wie aktuell sind. wohlgemerkt: wir reden von dem mann, der von den vier mitangeklagten wohl bis zum tag als “zwei uwes” in einem wohnmobil starben und es in der zwickauer frühlingstraße (dem letzten wohnsitz des trios) brannte, noch den intensivsten kontakt mit dem “trio” gehabt haben soll. jener andre eminger feierte dem vernehmen nach vor wochen im münchner “braunen haus” partys und wird fast täglich in der mittagspause und nach prozessende von oftmals dubios wirkenden personen umgarnt bzw. vom OLG weg begleitet. unter anderem von einem mann, dem wir die letzten beiden bilder auf dieser artikelseite “widmen”. denn dieser trug als prozessbesucher nicht nur das hier eingefangene shirt, dass sich wohl gegen eine “unberechtigte” inhaftierung von vielleicht z.b. eminger engagiert, sondern  auch mal ein ebenfalls blaues oberteil, das unter anderem mit den zahlen 14 und 88 kokettiert und “passend” dazu den spruch “ich hab’s gewagt” mit streitäxten paarte. mit den drei worten erinnert der junge prozessbesucher fraglos bewusst an hitler-stellvertreter rudolf heß (einstige grabinschrift!), mit der zahl 14 an “14 words” (englisch: “We must secure the existence of our people and a future for white children”, übersetzt soviel wie: “wir müssen die existenz unseres volkes und eine zukunft für weiße kinder sichern”) und die 88 ist “legendär” als abkürzung für “heil hitler. nun kann man darüber streiten, ob man als “staatsmacht” über solchen peinlichen provokationen drüber stehen sollte. aber wenn wie im falle des vermeintlichen eminger-freunds die polizei dessen gewahr wird, ihn zu dritt minutenlang zur seite nimmt und ihn dann doch auch die zweite hälfte eines prozesstages mit diesem rotz auf der zuschauertribühne abhängen lässt, haben wir auch dafür kein verständnis.

denn es reicht nicht, einen offenkundig tief im braunen sumpf steckenden zuschauer aufzufordern, bestimmte codes an der kleidung zukünftig nicht mehr zu tragen! entweder man verbietet ihm damit den aufenthalt konsequent - also gleich und sofort -, oder man kann so eine pseudoansprache auch gleich ganz unterlassen. aber wer tagtäglich, auch als presse-akkreditierter, wiederkehrende willkür bei gefühlt mindestens 10 % aller gerichtsdiener und vor ort tätigen polizeibeamten seit anfang mai beobachtet – und teils auch selber erlebt - und sich gleichzeitig wundert, dass die oberstaatsanwältin greger mehrere tage auf ihren platz im gerichtssaal einen großen schlüsselbund mit taschenmesser (!) legen darf, sollte sich – achtung selbstkritik^^ – vielleicht auch überhaupt nicht mehr wundern, was so am rande des OLG vonstatten geht.

PS: BITTE folgen sie uns / folgt uns auch auf twitter (twitter.com/das_ZOB) und auf unserer facebookseite (www.facebook.com/dasZOB) – und wer den einen oder anderen motivations- und unkostenabfederungseuro über hat: wirklich (!) unabhängige NSU-prozessberichterstattung können sie via Kt.Nr.: 5408979333, BLZ: 50010517 (IBAN DE78 5001 0517 5408 9793 33 – BIC INGDDEFF) sichern…

* in seinen ausführungen beschränkt sich der dpa-mann auf “zick-zack-kanackenpack”-rufe am rande von spielen des BVB, was eben zwar schon schockierend genug scheint, aber eben nur einen bruchteil der mutmaßlichen thomas de.-problematik darstellt

** der angeklagte andré eminger gab mit seinem zwillingsbruder maik dereinst das szenemagazin “the aryan law & order” heraus, in dem die zwei u.a. über die “physiognomie der arischen rasse” “philosophierten”

nsu: wie deutsche medien neonazi-verteidiger in die hände spielen

olaf klemke, einer der verteidiger von neonazi ralf wohleben (der seinerseits im verdacht steht zeitweise v-mann des verfassungsschutzes gewesen zu sein) vor dem OLG münchen, versuchte im prozess die zeugin vom dachfenster verächlich zu machen – viele deutsche medien tun es ihm wider besseren wissens gleich – foto copyright: das ZOB 

in dieser woche hatte auch andreas temme (der verfassungsschutzmitarbeiter, der beim mord in kassel zur tazeit am tatort war) seinen ersten auftritt im NSU-prozess. doch nachdem dessen einvernahme noch lange nicht abgeschlossen ist, widmen wir uns heute den aussagen der “zeugin vom dachfenster”, welche die hauptangeklagte zschäpe wenige tage vor einem mord in dortmund in eben jener stadt mit “ihren” beiden uwes sowie einem mutmaßlichen skinhead gesehen haben will. und wir widmen uns vor allem der medialen rezeption dieser unverständlicherweise sogar bereits im vorfeld diskreditierten zeugin.

wohl nur wer sich zufällig bereits aus der “jungen welt” (jw) informierte oder idealerweise vergangenen montag gleich persönlich vor ort als zuhörer im gerichtsverfahren war, konnte bisher erahnen bzw. wissen, dass frau a. absolut schlüssig nachzeichnete, warum sie sich (nachdem sie im november 2011 zu ihren wahrnehmungen vermeintlich drei von vier namen hatte) zunächst gar nicht und in diesem jahr dann erst an einen journalisten und letztlich an eine kanzlei der nebenklägervertreter wandte statt direkt an staatliche behörden.

zum einen fühlte sie sich – wie das expertenmeinungen zufolge bei zahllosen zeugen landauf landab an der tagesordnung ist, selbst wenn diese unmittelbar tatvorgänge schildern könnten (was hier ja eben nicht der fall ist!) – als für die weitere aufklärung der NSU-verbrechen und ihrer hintergründe nicht besonders wichtig. irgendwann, als dann davon die rede war, dass es neben den fünf in münchen aktuell angeklagten (mindestens) 129 namen aus dem direkten oder weiteren umfeld des sog. terrortrios gibt, die behörden beschäftig(t)en, durfte sie zum anderen wohl nicht mehr nur subjektiv davon ausgehen, dass sich darunter auch kontakte nach dortmund befinden. die großstadt in nordrhein-westfalen gilt schließlich nicht nur generell als hort ziemlich vieler rechtsradikaler sondern war ja eine der tatortstädte! frau a. formulierte es sinngemäß so, dass sie annahm, dass das ermittlerwissen weitaus größer als ihr eigenes sei.

“sieg heil” rufe beim würfeln – und die polizei sitzt mit dabei?

dass sie sich letztlich nach zunächst völlig-für-sich-behalten und einem ersten zögerlichen, schnell im sande verlaufenen kontakt zu einem lokalen journalisten (dem hatte sie wohl nicht explizit gemailt/gesagt zschäpe, mundlos und böhnhardt gesehen zu haben, sondern wollte für sich eher bestätigt wissen, dass die staatsanwaltschaft bereits von dortmunder unterstützern bescheid weiß und es ihrer aussage eben wirklich nicht bedarf) einer im prozess bereits für kasseler nebenkläger (mordfall yozgat) vertretenen rechtsanwaltskanzlei anvertraute, ist nach den schilderungen von frau a. absolut plausibel. denn durch die geschichten rund um zschäpes briefkontakte aus dem knast heraus richtung dortmund wurde bundesweit kolportiert, dass die hauptangeklagte ansonsten dorthin eben noch keinerlei kontakte hatte. zumindest sei darüber nichts bekannt oder gar belegbar. unseres erachtens nur allzu verständlich, dass das für jemanden, der wie a. eine zu recht kritische meinung gegen jedwede neonaziuntriebe hat, eine initialzündung gewesen sein muss.

aber warum dann auch im juni 2013 nicht direkt ab zur örtlichen polizei? das wollte auch der vorsitzende richter götzl wissen. eine berechtigte frage, deren antwort vielschichtig war, aber vor allem eine besonders markante schilderung enthielt, die perverserweise unseren recherchen nach außer in der generell leider zu parteipolitisch (die linke) aufgestellten und daher nicht wirklich unabhängigen “jw” tatsächlich in keiner gazette, in keinem programm der privaten oder öffentlich-rechtlichen rundfunkanstalten in ihrer gänze gewürdigt wurde. vielleicht haben sie aber zumindest die hälfte dieser gruseligen randnotiz bereits aufgeschnappt? frau a. wohnte nämlich nicht nur grundstück an grundstück mit einem mutmaßlichen skinhead, der vermeintlich mit “dem trio” kurz vor einem der morde der sog. NSU-serie verkehrte. sie lebte im dortmunder stadtteil brackel, am westkamp auch in unmittelbarer nähe einer kneipe namens farbkästchen. und dort sei es des öfteren so gewesen, dass bei würfelrunden lautstarke “sieg heil” rufe auszumachen gewesen wären.

was an sich – unterstellt diese schilderungen wie auch die folgenden sind authentisch – eben schon schaurig, aber nicht das größte problem gewesen ist. dieses steht, wir müssen es leider explizit wiederholen  – wie gar viele im gericht gefallenen bemerkungen rund um allzu auffällige nähebeschreibungen zu tatorten von zivilen polizeifahrzeugen über vor ort mittagessende polizisten bis hin zu noch unwissende tatortzeugen blockenden notruf-hotlines… – eben bezeichnenderweise fast nirgends: frau a. suchte wegen dieser unappetitlichen “rufe” kontakt zu den kneipenbetreibern. doch die drehten ihr implizit wohl die lange nase: frau a. könne ja mal abends vorbeikommen, wenn es wieder mit derartigen sprüchen laut werde. die polizei sei ja als gast oft privat vor ort! und zu solchen “ordnungshütern” soll eine bürgerin ggf. vertrauen haben, erst recht in dieser undurchsichtigen NSU-kiste?

ein wohnmobil aus zwickau gänzlich uninteressant?

natürlich (stichwort: irren ist menschlich, von der grundsätzlichen ehrlichkeit der zeugin indes sind wir 110% überzeugt) muss es trotzdem nicht so gewesen sein, dass frau a. die berühmten drei bombenbauer aus jena tatsächlich 2006, wenige tage vor der tat in dortmund ebendort gesehen hat. natürlich kann es sein, dass frau a. jahre später, als das trio ab november 2011 (wieder) durch die medien geisterte, deren gesichter mit einer alten erinnerung vermischte. aber warum schreibt/berichtet kaum ein medienkollege die letzten tage, dass sich neben drei dunkel gekleideten gestalten und einem vermeintlichen skin auch ein tagelang in der gegend befindliches wohnmobil mit z-kennzeichen in das gedächtnis von a. gebrannt hat (weil jenes gefährt einem von ihr erwarteten umzugsauto hätte im weg sein können und wohl auch weil es eben nicht an der tagesordnung ist, dass zwickauer urlaub in diesem dortmunder wohngebiet machen), dass es unabhängig vom möglichen auftauchen von zschäpe, mundlos und böhnhardt auf dem nachbargrundstück dort diverse ungereimtheiten in sachen bauarbeiten gegeben haben soll? von nächlichen (!) grabungen bis hin zum aufstellen einer schaukel, die aufgrund der nähe zu einem auffallend hohen (wohl ebenfalls in verantwortung von dem mutmaßlichen skin errichteten) zaun nicht zum schaukeln taugte. oder einem unwirklich umrandeten sandkasten, in dem – wie das BKA “ermittelt” haben soll – türkische kinder nicht spielen durften und der (auch?) deswegen wohl weitgehend ungenutzt blieb…

doch der eigentliche hammer, der die vergangenen tage in zahllosen deutschen medien ablief: die inzwischen 63-jährige zeugin wurde von ARD bis N24, von spiegel bis SZ fast überall ohne angabe konkreter gründe bzw. unter weglasung von indizien (die u.a. gegen die eine oder andere unterstellung sprechen) als mindestens irrelevant, gänzlich unglaubwürdig, wenn nicht gar berechnend abgestempelt.

und es wird stellenweise noch immer so getan, als ob (wie im vorfeld der zeugeneinvernahme kolportiert, perverserweise wohl einzig aufgrund einer aussage eines nun wirklich fragwürdigen “zeugen”, der vielleicht besser angeklagter sein sollte: auf worte des mutmaßlichen skins aka nutmaßlichen NSU-unterstützers) die zeugin a. zschäpe “wohl” verwechselt habe: nämlich mit der freundin/frau des “skins”. dabei wurde im prozess ein bild wohl eben jener frau in großaufnahme gezeigt, das mehr oder minder eindeutig widerlegte, dass zwischen beiden damen (zschäpe und ihr) nennenswerte ähnlichkeiten bestehen.

nicht nur “zeit” & “stern” schwafeln von verwechslungswahrscheinlichkeit

fast (!) müsste man neben der “jungen” auch noch springers “welt” von dieser kritik ausnehmen - wobei frau crollys text bereits in der überschrift die zeugin mit dem meinungen tendenziell extrem beeinflussenden attribut “seltsam” belegt und deren unseres erachtens beängstigende schilderung, dass in der benachbarten kneipe polizisten wohl sehr gut mit den erwähnten “sieg heil” rufen klar gekommen sind (oder vielleicht gar selber mitriefen?), unter den tisch fallen lässt. aber immerhin erwähnt ihr artikel in der “welt” – wie auch die FAZ – überhaupt die ausfälle im “farbkästchen”. jene “sieg heil” rufe, die für uns mindestens ein mosaiksteinchen sind, wenn man eine antwort sucht, warum sich jemand nicht staatlichen behörden anvertraut hat. den gedankenschluss über den kleinen umweg, weil zeugin a. ja journalistin sei, diese wohl gezielt in storys denke, sei frau a.s aussage wohl nur ein beleg, dass es in dortmund relativ viele rechte gibt, teilen wir im übrigen nicht. wundern uns vielmehr, dass jene zeitung zwar das thema wohnmobil an sich erwähnt (“ein auffällig langes und hohes”), aber das zentralste an der schilderung, nämlich das mutmaßliche kennzeichen aus zwickau, wiederum unerwähnt lässt.

während die “welt” auf die verwechslungsgefahrgeschichte nicht (mehr) eingeht, steht beispielsweise im “stern”: “Ob die Schilderungen der Frau zutreffend sind, ist einem Medienbericht zufolge umstritten. Nach Recherchen des SWR gab der von der Frau als Skinhead beschriebene Mann an, dass damals seine heutige Frau auf dem Grundstück gewesen sei. Diese sehe Zschäpe sehr ähnlich. Womöglich könnte dem Bericht zufolge eine Verwechslung vorgelegen haben.” auch bei der taz (“Doch die Glaubwürdigkeit der Frau ist zweifelhaft.”) gibt’s eine explizit auf SWR/BKA-”material” zurückgehende sichtweise des vermeintlichen skinheads. wobei das außenstehenden, die sich allein auf jenes blatt verlassen, sicher nicht annähernd klar geworden sein dürfte. denn ausgerechnet bei der “alternativen” tageszeitung wird der vermeintliche skin als solcher überhaupt nicht erwähnt, als es darum geht, dass das trio – wenn es denn vollständig oder ggf. auch nur zu 2/3 im nachbargarten der zeugin a. war – nicht allein war, sondern eben von einem mann ohne haare dafür mit camouflagehose* empfangen worden war: in der taz heißt das dann lapidar “eine weitere Person”.

auch die onlineausgabe der “zeit” legt sich bereits im artikelvorspann fest: “Doch es gibt Zweifel an ihrer Aussage.” was dann im text selbst mit “Allerdings glauben viele Prozessbeobachter an eine Verwechslung. Recherchen des SWR [link im original] zufolge gab der als Skinhead beschriebene Mann zu Protokoll, dass seine heutige Frau auf dem Grundstück gewesen sei. Diese sehe Zschäpe sehr ähnlich.” unseres erachtens nicht minder fahrlässig als in der taz “aufgelöst” wird. denn selbst holger schmidt, jener mediale stein des anstosses im vorfeld der einvernahme, war – als beide texte in die weiten des www gingen – aufgrund des erst nur den verfahrensbeteiligten und dann im prozess offen und groß gezeigten fotos der braut eines vermeintlichen skindheads zurückgerudert: “Offenbar geringe Ähnlichkeit mit #Zschäpe” hieß es bereits vor der aussage von frau a. im prozess @terrorismus bei twitter. in der “zeit” dagegen keine silbe von seltsamen grabungen/aufbauten in nachbars garten, nichts von einem wohnmobil und auch nichts von der erklärung der zeugin, warum sie sich am ende lieber an einen nebenklageanwalt denn an staatliche stellen gewandt hat.

auch mit dem zweiten sieht man nicht besser

während man bei vielen weiteren kollegen schon aufgrund tendenziöser überschriften oder vorbemerkungen a la ”Zweifel an Belastungszeugin im NSU-Prozess” oder wie beim tagesspiegel aufgrund vom ignorieren (“Seltsam erscheint, dass A. sich erst in diesem Sommer offenbarte.) von schlüssigen erklärungen die lust am lesen verlieren konnte, oder sich wie im falle des “schwarzwälder boten” gar extrem aufregen sollte**, machten headline und artikelvorspann beim ZDF hingegen hoffnung auf halbwegs neutrale oder gar objektive wiedergabe der zeugeneinvernahme. doch nach vier absätzen prangt dann auch schon beim zweiten die erste fragliche zwischenüberschrift. namentlich die worte ”Durchbruch oder Verwechslung?”, die dann zwar erst mal zwei absätze lang hinsichtlich des zweiten teils nicht weiter klar werden, aber unter einer weiteren, sprichwörtlich weitergehenden zwischenüberschrift (“Verwechslung nicht ausgeschlossen”) dann in einer wiederum aberwitzigen beschreibung gipfeln: “Zusätzliche Ermittlungen lassen es allerdings möglich erscheinen, dass eine Verwechslung vorliegt: Inzwischen haben die Ermittler den früheren Nachbarn der Zeugin vernommen. Er sagt aus, seine Frau sehe Beate Zschäpe ähnlich. Am Montag wurden den Beteiligten neue Akten ausgeteilt, darunter die Kopie eines Fotos der Nachbarsfrau. Die Aufnahme ist allerdings von ziemlich schlechter Qualität.” DENN: die schlechte fotoqualität war für die meisten verfahrensbeteiligten der sachstand VOR dem eigentlichen beginn dieses prozesstags.

dann wurde – auch weil die verteidiger der angeklagten u.a. dies bemängelt hatten – zu sitzungsbeginn mehrfach unterbrochen. in der folge wurden mehrfach weitere unterlagen verteilt bzw. am richtertisch zur einsicht für die anwälte und verteidiger ausgelegt. und ein paar stunden später wurde schließlich auch für zuschauer und journalisten ein von der bildqualität astreines foto projiziert, was eben für manch einen einen einzigen “haken” hatte: es stützt nicht annäherend die aussage des mutmaßlichen skins. dennoch entblödet sich das ZDF nicht, noch eine weitere “aussage” des vermeintlichen NSU-unterstützers thomas d. (der am 08. oktober übrigens kurz vor seiner desiree vor dem OLG erscheinen soll) in indirekter rede zum besten zu geben: “Auch gebe es in seinem Verwandten- und Bekanntenkreis Leute, auf die die Beschreibung von Böhnhardt und Mundlos passen könne.”

treibt offenkundige DDR-phobie zu mutmaßlich gezielten weglassungen?

auch der zu prozessbeginn über viele tage aufdringlichst mit einem buch zum mordfall peggy (wo er – anders als in sachen nsu – vielleicht wichtiges herausgearbeitet haben mag) hausierengehende, freie journalist christoph lemmer, der glaubt, die zeugin a. (anders als er es bei verfassungsschützer temme handhabt, der bei ihm konsequent “Andreas T.” gelistet wird) mit klarnamen nennen zu müssen***, gibt rätsel auf. er erwähnt nicht nur die “sieg heil” geschichte nicht: bei ihm findet sich nicht mal ein sterbenswörtchen davon, dass frau a. sich eben aufgrund der vermeintlich ominösen grabungen eines vermeintlich sich nicht gern in die karten schauen lassenden skins, schon vor dem vermeintlichen auftauchen des sog. terrortrios unwohl mit ihrer direkten umgebung fühlte.

dass er in den schilderungen der äußerungen ein klein wenig was durcheinanderbringt, mag zufall sein. dass er aber zum beispiel auch die geschichte mit dem wohnmobil an einer unlogischen stelle platziert und dann noch die aussage von a. hierzu mit einem “womöglich mit Zwickauer Kennzeichen” einschränkt, verwundert. ebenso das zufällig (?!) sinnentstellende oder zumindest verfälschende verkürzen und umplatzieren von zitaten oder auch das an falscher stelle gesetzte “erkennt”. wobei – letztlich verwunderte es uns bei diesem autoren doch nicht: der mann scheint (ausführlich dazu mal in einer separaten geschichte über die diversen akkreditierten kollegen und ihrem selbstverständniss) generell ein problem mit berufskollegen und anderen menschen zu haben, die sich gegen (neo)nazi-umtriebe/gegen rassismus aufstellen oder irgendwie im verdacht stehen, irgendetwas direkt oder indirekt mit der ehemaligen DDR zu verbinden. wohl auch deshalb reitet er fast noch dummdreister anmutend als die ausfälle von RA klemke (dem wohlleben-verteidiger), der die zeugin mit zuordnungen ins linksextreme spektrum vergeblich aus der fassung bringen wollte, auf einer (früheren) parteizugehörigkeit von frau a. in der DKP herum. freilich “vergisst” lemmer dabei zu erwähnen, dass das einerseits schnee von gestern war und andererseits frau a. dort seinerzeit – stichwort perestroika – wohl weil zu reformorientiert gar ausgeschlossen worden war.

aberwitzig wird der journalistenkollege aber erst gegen ende seines wie so oft oberflächlichen, von falschen wahrnehmungen, schiefen schlüssen gezeichneten textes: da tut er so, als ob frau a. 2006 das DKP wenn nicht an ihrer hauswand so doch zumindest an ihre stirn “tätowiert” war – wörtlich fabuliert er: “Es war eine Zeugin, die ohnehin schwierig war – denn es wäre eine außergewöhnliche Begebenheit, wenn die NSU-Terroristen eine ihrer Taten ausgerechnet in Sichtweite und Nachbarschaft einer einst hohen DKP-Funktionärin ausgeheckt hätten.” meint er ernstlich, dass menschen, die im verdacht stehen, an helllichten tagen in tendenziell belebten geschäften wie dem internetcafe in kassel oder an tatorten wie der trappentreustrasse in münchen (wo das auserkorene schlüsseldienstgeschäft unter anderem eine hochfrequentierte busstation vor der tür hatte) kaltblütig zu morden, sich darum scherten, rund um das eigentlich gut abgeschirmte grundstück in dortmund vorher die lebensläufe aller anwohner zu studieren?

PS: BITTE folgen sie uns / folgt uns auch auf twitter (twitter.com/das_ZOB) und auf unserer trotz 299 fans dieser tage quasi resetetten und somit aktuell bei fast null fans stehenden facebookseite (www.facebook.com/dasZOB) – und wer den einen oder anderen motivations- und unkostenabfederungseuro über hat: wirklich (!) unabhängige NSU-prozessberichterstattung können sie via Kt.Nr.: 5408979333, BLZ: 50010517 (IBAN DE78 5001 0517 5408 9793 33 – BIC INGDDEFF) sichern…

* ein begriff, den sich übrigens der kollege des “neuen deutschland” von der vermeintlichen gerichtsreporterlegende gisela friedrichsen recht lautstark während der verhandlung erklären lassen musste. das “ND” war es denn auch, das zu den bekannten aussagen von frau a. und ihrem mann u.a. folgendes hinzutextet: “Der pensionierte Historiker bestätigt zwar, dass seine Frau im November 2011 von ihrem Verdacht gesprochen hat, er selbst kann sich an das in Frage stehende Geschehen auf dem Nachbargrundstück nicht erinnern.” – wie könnte er auch: er war zur fraglichen zeit wohl weder im haus, geschweige denn am fenster. er hat nach allem, was ausgesagt wurde, “nur” zu einem früheren zeitpunkt selber “nur” ihm dubios erscheinende grabungen gesehen und gehört. im “ND” steht ferner auch noch dies: “Die Zeugin glaubt, dass auf dem Nummernschild die Buchstaben C und A sowie ein Z zu lesen waren. C wie Chemnitz? Z für Zwickau? In beiden Orten haben Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt jahrelang unbehelligt gelebt. A deutet auf Augsburg hin.” – und das obwohl frau a. letztlich auf nachfrage götzls, nachdem das zunächst wirklich fast nicht klar wurde, erklärt hat, dass sie als ortskennzeichen ausschließlich das “z” in erinnerung habe. das c&a sei auf dem gleichen nummernschild gestanden, also nicht für einen (weiteren/alternativen) ort, sondern als teil des individuellen kennzeichens…

** wo genüsslich die schiefe formulierung nur-in-meinem-kopf-hat-das-stattge… prangt, die offenkundig einzig eine betonung sein sollte, dass zeugin a. ja 2006 keine handfesten belege für tatsächliche verbrechen hatte, im sinne von bauchgefühl

*** für alle, die sich vielleicht fragen, warum wir zeugin a. abkürzen, temme ausschreiben und dies damit genau umgekehrt handhaben, als etwa der in blogwelten als bitterlemmer operierende kollege: weil temme (selbst richter götzl sieht das offenkundig zumindest ansatzweise ähnlich) nicht nur sogar staatlichen stellen offiziell tatverdächtig galt, sondern – wie die fünf in münchen angeklagten – noch immer im verdacht steht, zumindest (!) unmittelbar nach der tat das mordopfer gesehen und trotzdem geschwiegen zu haben; weil rund um den verfassungsschutz in der NSU-thematik unseres erachtens nicht das geringste verschleiert werden darf; und weil frau a. eben zunächst einmal nur eine zeugin (!) ist. noch dazu eine, die aufgrund ihrer generellen haltung wohl u.a. um ihre privatsphäre, wenn nicht gar repressalien von neonazis fürchten muss.